Mordermittlungen auf Malta: Spirale in den Abgrund

Die Regierung soll in den Mord an der Journalistin Galizia verstrickt sein. Korruption und Geldgier haben Maltas politische Kultur zerstört.

Ansicht der Stadtsilhouette von Valetta

Valletta, Perle des Mittelmeers und Oase für Verbrecher Foto: Darrin Zammit Lupi/File Photo

Wer dieser Tage die Nachrichten aus Malta verfolgt, verspürt innere Widerstände, diesen zu glauben. Zu abgründig ist das, was über den Mord an der Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia zutage tritt.

Der Hintergrund ist dabei vergleichsweise banal: Zwei Minister haben einem Geschäftsmann die Konzession für einen Kraftwerksbau zugeschoben und dafür offenbar Schmiergeld kassiert. Damit das keiner merkt, haben sie eine Briefkastenfirma in der Karibik gegründet. Das ist kriminell, doch es bewegt sich in der international üblichen Bandbreite von Korruption. Es hätte überall sonst genauso passieren können.

Was man sich hingegen kaum vorstellen kann, ist, was dann geschah. Galizia war dabei, die krumme Panama-Connection aufzudecken. Und wie es aussieht, hat sich deshalb mindestens ein Minister daran beteiligt, die Journalistin per Autobombe ermorden zu lassen. Und konnte danach über zwei Jahre im Amt bleiben, obwohl es schon lange Indizien gegen ihn gab.

Ein solches Schwerverbrechen, mutmaßlich mit begangen von einem amtierenden Minister einer seriösen, sozialdemokratischen Partei in einem stabilen EU-Staat, erinnert an frühere Hoch-Zeiten der italienischen Mafia. Auch so etwas könnte theoretisch anderswo in Westeuropa passieren. Aber es ist kein Zufall, dass es eben auf Malta geschah. Und das hat damit zu tun, dass die Regierungen des Inselstaats irgendwann aufgehört haben, seriös zu sein.

Das fing harmlos an: niedrige Steuersätze hier, ein paar Passverkäufe da. Alles nicht verboten, aber auch nicht ganz sauber. Die EU krittelte ein wenig, aber ließ Malta gewähren. Offenbar kam so eine Dynamik in Gang, die letztlich dazu führte, dass sich Teile der Regierung am Ende wohl genauso kriminell verhielten wie jene, die sie auf ihrer zum Steuer-, Glücksspiel- und Geldwäscheparadies zugerichteten Insel willkommen hießen. Mit windigen staatlichen Geschäftsmodellen, die auf die Bedürfnisse von Kriminellen zugeschnitten waren, schraubte sich die Korruption bis in höchste Sphären der Macht. Am Ende stand der moralische Abgrund.

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Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social

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