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Wertegemeinschaft
Immerhin, das Europaparlament beabsichtigt, „den Zustand der Rechtsstaatlichkeit mit Vertretern der Regierung, der Justiz, der ermittelnden Behörden, der Zivilgesellschaft ebenso wie mit Journalisten und der Familie der ermordeten Daphne Caruana Galizia zu diskutieren".(„Die Zeit“, 29.11.) Was muß nach den allessagenden Rücktritten von Schlüsselfiguren des Muscat-Regimes denn noch alles geschehen, bis die EU-Kommission Vertragsverletzungsverfahren gegen Malta ähnlich wie gegen Polen und Ungarn einleitet? Bis dahin muß sie sich den Vorwurf gefallen lassen, sie halte die Regierungskorruption in Malta vollständig mit dem Geist der Wertegemeinschaft Europäische Union kompatibel, als die sich gern geriert. In den neuen osteuropäischen EU-Mitgliedsländern wird man die Ohren spitzen.
"Und das hat damit zu tun, dass die Regierungen des Inselstaats irgendwann aufgehört haben, seriös zu sein."
Und das ist auch seit Jahren bekannt
Malta, Zypern und in kleinerem Umfang Irland und das UK sind die Steueroasen der EU.
Das liegt unter anderem an einer angelsächsischen Tradition die sich Non Dom (non domiciled) nennt und bedeutet, das man zwar im Land wohnt, Einkommen aus dem Ausland aber nicht im Inland versteuert. Das ist für alle Personen mit regelmäßigen hohen Einnahmen interessant, die im Ausland erwirtschaftet werden, aber nicht nach Malta überwiesen werden. Dazu die noch sehr niedrige Körperschaftssteuer, bei maximal 35% können bis zu 30% erstattet werden.
Dieses Modell zieht natürlich auch Leute an, deren Integrität zweifelhaft ist.
Den eigenen Behörden schärft man ein, schaut weg, wir wollen die betuchten Leute auf der Insel halten und auf eine relativ arme Insel fließt auf einmal viel Geld, daran will auch der ein oder andere Politiker partizipieren. Wir haben also eine Mischung aus den 3 Affen im ÖD und der Politik und Leuten mit Jack Sparrow Einstellung, nimm was du kriegen kannst und gib nichts mehr zurück.
Das lässt auf Dauer das moralische System der Gesellschaft verfaulen und es tut kaum jemand auf Malta etwas dagegen, weil zu viele Leute von diesem System profitieren und das wird immer schlimmer.
Die EU hätte etwas tun können, war aber wie üblich nichts.
"... Ein solches Schwerverbrechen, mutmaßlich mit begangen von einem amtierenden Minister einer seriösen, sozialdemokratischen Partei ..."
Seriös? Eine Partei, bei der mehrere Minister und vielleicht sogar der Regierungschef in Mord, Vertuschung, Korruption, Briefkastenfirmen und mindestens Steuervermeidung, vielleicht auch Steuerbetrug persönlich verwickelt sind. Eine Partei, die es trotz lange vorliegender Indizien nicht geschafft hat, sich von diesen Personen auch nur zu distanzieren - das soll eine "seriöse ... Partei" sein? Wirklich?
Löhne, Rente, Vermögensaufbau (für Kleine), Umweltschutz, Wettbewerb - u.a. dies alles Schwindel. Das gesamte System befindet sich im Grunde nur noch in einer Rechtfertigungsspirale. Nur die Angst vor (der erforderlichen) Transformation hält den "Laden" am Laufen.
Super, dass die taz hierzu einen kritischen Artikel bringt - gerne mit mehr Hintergrundinfo.
Was in Malta schon seit vielen Jahren läuft, untergräbt auch das Vertrauen in die EU - die ob anderer Probleme sich immer weggeduckt und letztlich zu oft damit "solidarisiert" hat.
... und weiter ?
@82286 (Profil gelöscht) Die EU muss gegen Mitglieder die Geschäfte im Graubereich zulassen stärker vorgehen, that's it!
Medien melden: Ab jetzt soll in Eigennamen wie „Bärbel’s Büdchen“ der Apostroph erlaubt sein. Dabei war er das schon. Ein Depp, wer das nicht wusste!
Mordermittlungen auf Malta: Spirale in den Abgrund
Die Regierung soll in den Mord an der Journalistin Galizia verstrickt sein. Korruption und Geldgier haben Maltas politische Kultur zerstört.
Valletta, Perle des Mittelmeers und Oase für Verbrecher Foto: Darrin Zammit Lupi/File Photo
Wer dieser Tage die Nachrichten aus Malta verfolgt, verspürt innere Widerstände, diesen zu glauben. Zu abgründig ist das, was über den Mord an der Investigativjournalistin Daphne Caruana Galizia zutage tritt.
Der Hintergrund ist dabei vergleichsweise banal: Zwei Minister haben einem Geschäftsmann die Konzession für einen Kraftwerksbau zugeschoben und dafür offenbar Schmiergeld kassiert. Damit das keiner merkt, haben sie eine Briefkastenfirma in der Karibik gegründet. Das ist kriminell, doch es bewegt sich in der international üblichen Bandbreite von Korruption. Es hätte überall sonst genauso passieren können.
Was man sich hingegen kaum vorstellen kann, ist, was dann geschah. Galizia war dabei, die krumme Panama-Connection aufzudecken. Und wie es aussieht, hat sich deshalb mindestens ein Minister daran beteiligt, die Journalistin per Autobombe ermorden zu lassen. Und konnte danach über zwei Jahre im Amt bleiben, obwohl es schon lange Indizien gegen ihn gab.
Ein solches Schwerverbrechen, mutmaßlich mit begangen von einem amtierenden Minister einer seriösen, sozialdemokratischen Partei in einem stabilen EU-Staat, erinnert an frühere Hoch-Zeiten der italienischen Mafia. Auch so etwas könnte theoretisch anderswo in Westeuropa passieren. Aber es ist kein Zufall, dass es eben auf Malta geschah. Und das hat damit zu tun, dass die Regierungen des Inselstaats irgendwann aufgehört haben, seriös zu sein.
Das fing harmlos an: niedrige Steuersätze hier, ein paar Passverkäufe da. Alles nicht verboten, aber auch nicht ganz sauber. Die EU krittelte ein wenig, aber ließ Malta gewähren. Offenbar kam so eine Dynamik in Gang, die letztlich dazu führte, dass sich Teile der Regierung am Ende wohl genauso kriminell verhielten wie jene, die sie auf ihrer zum Steuer-, Glücksspiel- und Geldwäscheparadies zugerichteten Insel willkommen hießen. Mit windigen staatlichen Geschäftsmodellen, die auf die Bedürfnisse von Kriminellen zugeschnitten waren, schraubte sich die Korruption bis in höchste Sphären der Macht. Am Ende stand der moralische Abgrund.
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Kommentar von
Christian Jakob
Reportage & Recherche
Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social
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