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Mord im WestjordanlandOhne Verhandlungsspielraum

Ein israelischer Soldat wurde im Westjordanland von einem Palästinenser entführt und getötet. Der Täter wollte seinen in Israel inhaftierten Bruder freipressen.

Israelische Soldaten bergen die Leiche eines Kameraden. Bild: reuters

JERUSALEM afp | Ein Palästinenser hat einen jungen israelischen Soldaten entführt und im Norden des Westjordanlands getötet, um seinen in Israel inhaftierten Bruder freizupressen. Nach Angaben eines Militärsprechers wurde die Leiche des 20-jährigen Tomer Hasan am Samstagmorgen gefunden und der mutmaßliche Täter festgenommen. Opfer und Täter kannten sich offenbar.

Nach Informationen des Inlandgeheimdienstes Schin Bet arbeiteten Hasan und der Palästinenser im selben Restaurant im Großraum von Tel Aviv. Der junge Rekrut habe sich am Freitag bereit erklärt, sich mit dem Palästinenser ein Taxi zu teilen. Der 42-Jährige habe Hasan dann an einen einsamen Ort in der Nähe der Stadt Kalkilija gebracht, ihn getötet und seine Leiche versteckt.

Bei dem Täter handelt es sich laut Geheimdienst um einen Einwohner des südlich von Kalkilija gelegenen Ortes Beit Amin namens Nadal Amar. Er wurde gemeinsam mit einem seiner Brüder am frühen Samstagmorgen im Haus der Familie festgenommen.

Amar gestand demnach, den Israeli entführt und getötet zu haben, um dessen Leiche später gegen einen seit 2003 in Israel inhaftierten Bruder austauschen zu können - der Aktivist einer bewaffneten Gruppierung der Fatah-Organisation soll in mehrere Anschläge verwickelt sein.

Wie Amar sein Opfer dazu brachte, mit ihm ins Westjordanland zu kommen, war zunächst unklar. Offen blieb auch, wie er den jungen Soldaten umbrachte. Die Armee leitete am Freitagabend die Fahndung ein, weil die Familie seit dem Morgen keinen Kontakt mehr zu Tomer Hasan hatte, obwohl er Freitag und Samstag frei hatte. In Israel gilt eine dreijährige Wehrpflicht für junge Männer, Frauen müssen zwei Jahre Dienst an der Waffe leisten.

Der Vorfall dürfte die ohnehin schwierigen Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern zusätzlich belasten. Die zuvor jahrelang ausgesetzten direkten Gespräche zwischen beiden Seiten waren unter Vermittlung der USA erst Ende Juli wieder aufgenommen worden. Einer der größten Streitpunkte ist die israelische Siedlungspolitik in den besetzten palästinensischen Gebieten.

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