Mord an Journalistin: Eine prominente Festnahme
Auf Malta wird im Fall Caruana Galizia ein Geschäftsmann verhaftet. Das heizt Spekulationen an, dass die Politik in den Mord verstrickt ist.
Viel Zeit ließen sich die Ermittler nicht: Am Dienstag verkündete Maltas Ministerpräsident Joseph Muscat, dass er einen von Interpol verhafteten Mittelsmann im Mordfall Daphne Caruana Galizia begnadigen wolle. Wie maltesische Medien berichten, handelt es sich um einen Taxifahrer, der wegen Geldwäschegeschäfte verhaftet worden war. Um sich freizukaufen, hatte der Mann offenbar angekündigt, den Namen des Auftraggebers des Mordes an Galizia zu nennen.
Am frühen Mittwochmorgen verhaftete die Polizei den maltesischen Geschäftsmann Yorgen Fenech, als dieser versuchte, den Hafen von Valletta mit seiner Jacht zu verlassen. Sein Name war offenbar von dem Tippgeber genannt worden. In Malta wird spekuliert, dass Muscats Äußerungen vom Dienstag ihn aufgeschreckt hatten.
Galizia war die mit Abstand bekannteste Investigativjournalistin Maltas. Am 16. Oktober 2017 war sie durch eine Autobombe in der Nähe ihres Hauses auf der Insel getötet worden. Bis heute ist nicht geklärt, wer dafür verantwortlich ist.
Das EU-Parlament hat die Schaffung eines Daphne-Caruana-Galizia-Preises für investigative Journalisten gefordert, das deutsche Reporter-Forum ein „Galizia-Stipendium“ ausgelobt. Sie selbst bekam posthum sage und schreibe 30 internationale Auszeichnungen. 45 Journalisten aus 15 Ländern haben ihre Recherchen im „Daphne-Project“ weitergeführt.
Nicht das einzige Opfer
Die traurige Wahrheit ist, dass Galizia nur eine von vielen JournalistInnen ist, die getötet wurden. 36 waren es nach Zählung von Reporter ohne Grenzen bislang in diesem Jahr, 80 im vergangenen. Kaum einer hierzulande ist annähernd so bekannt wie Galizia. Auch nicht die seither in Europa ermordeten JournalistInnen Ján Kuciak aus der Slowakei oder Wiktorija Marinowa aus Bulgarien.
Was Galizia posthum solche Strahlkraft verleiht und sie so berühmt gemacht hat, ist nicht nur ihr – beeindruckendes – journalistisches Lebenswerk. Es ist der Umstand, dass bis heute der Verdacht im Raum steht, sie habe nicht nur in kriminellen Milieus recherchiert und sei deshalb von Gangstern getötet worden.
Galizia wirkte vor ihrem Tod an der Aufdeckung von Skandalen mit, an denen das direkte Umfeld von Maltas Ministerpräsident Joseph Muscat beteiligt war. In vier Korruptionsverfahren wurde daraufhin gegen Michelle Muscat, die Frau des Premierministers, dessen Kabinettschef Keith Schembri und den Tourismusminister Konrad Mizzi ermittelt.
Unter anderen hatte Galizias Familie deshalb immer wieder den Verdacht geäußert, dass die Regierung für den Tod verantwortlich sein könnte. „Muscat redet immer davon, dass ‚wir‘ untersuchen, dass ‚wir‘ die Hintermänner finden werden“, sagte Galizias Sohn Mathew. „Aber was, wenn die Hintermänner mit ihm selbst zu tun haben?“
Galizia ist möglicherweise Opfer eines Staatsverbrechens, mitten in Europa. Und Maltas wohl größtes Problem ist, dass der Staat bis heute nicht imstande war, diesen Verdacht auszuräumen. Zwar glaubt kaum jemand auf der Insel, dass einer der Minister die Bombe bestellt hat. Doch man wird den Verdacht nicht los, dass die Regierung in ein Netz aus Geldwäsche, Korruption und Steuerhinterziehung als Geschäftsmodell verstrickt ist.
Briefkastenfirmen in Panama
Die richterlichen Ermittlungen gegen Schembri und Mizzi brachten zwar durchaus belastende Ergebnisse, die aber für beide keine juristischen Folgen hatten; sie sind noch im Amt. Nach der Festnahme von Fenech werden die Spekulationen wieder lauter werden. Galizias Sohn twitterte am Vormittag: „Fenech ist der Mann, dessen Aufgabe es war, Bestechungszahlungen an den Stabschef von Muscat zu überweisen.“
Was gemeint ist: Der Hunderte Millionen Euro schwere Unternehmer Fenech hatte 2013 die Konzession erhalten, auf Malta ein Gaskraftwerk zu bauen. Daphne Galizia hatte acht Monate vor ihrem Tod über eine Firma in Dubai namens „17 Black Limited“ geschrieben, die „Verbindungen“ zu maltesischen Politikern habe. Finanzermittler fanden später heraus, dass „17 Black Limited“ Fenech gehört. Im Dezember 2015 tauchten geleakte E-Mails auf, aus denen hervorging, dass zwei Briefkastenfirmen in Panama, die Konrad Mizzi und Keith Schembri gehörten, bis zu 2 Millionen Dollar von „17 Black Limited“ bekommen haben – wofür, blieb unklar. Schembri, Mizzi und Fenech stritten alles ab.
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