Mord an CDU-Politiker Walter Lübcke: Waffenbesitz dank Verfassungsschutz

Der Verfassungsschutz Hessen gab Informationen über einen mutmaßlichen Helfer des Lübcke-Mörders nicht weiter. Das hat der Geheimdienst eingeräumt.

Der Sarg von Walter Lübcke bei dessen Beerdigung im Juni 2019

Behördenversagen: Hätte sich der Mord an Walter Lübcke verhindern lassen? Foto: dpa

Hamburg/Kassel dpa/afp | Der hessische Verfassungsschutz soll laut einem Medienbericht Informationen über den mutmaßlichen Helfer im Mordfall Walter Lübcke nicht weitergegeben und somit vielleicht ermöglicht haben, dass der Mann Waffen besaß. Nach Recherchen des NDR hatte die Waffenbehörde der Stadt Kassel Markus H. wegen seiner rechtsextremistischen Aktivitäten zunächst keine Waffenbesitzkarte erlaubt. 2015 habe er sich diese vor dem Verwaltungsgericht erstritten. Der Verfassungsschutz soll damals nur über ältere Aktivitäten von H. informiert haben.

Laut dem Waffenrecht gilt eine Person unter anderem als unzuverlässig, wenn sie innerhalb der letzten fünf Jahre verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt hat. In dem Prozess 2015 soll der Verfassungsschutz nur über Handlungen von H. bis 2009 berichtet haben, obwohl ihm nach Recherchen des NDR ein Eintrag aus dem Jahr 2011 vorlag. Für den fraglichen Zeitraum von 2010 bis 2015 lagen dem Gericht demnach keine Informationen vor. Es erlaubte H. folglich den Waffenbesitz.

Der Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz in Hessen, Robert Schäfer, sagte dem NDR laut dem Bericht, dass er keine Erklärung habe, warum die Erkenntnisse zu Markus H. aus dem Jahr 2011 nicht übermittelt wurden. Ob es ein Fehler war, könne er heute nicht beurteilen, sagt Schäfer. „Richtig ist, dass wir das heute anders machen würden.“

Am Dienstag beginnt vor dem hessischen Oberlandesgericht in Frankfurt am Main der Prozess gegen Lübckes mutmaßlichen Mörder Stephan E. wie auch gegen dessen mutmaßlichen Komplizen H. E. soll den CDU-Politiker Lübcke am 2. Juni 2019 auf dessen Terrasse getötet haben. Laut Obduktion wurde der 65-Jährige mit einer Kurzwaffe aus nächster Nähe erschossen. Die Ermittler gingen bald von einem rechtsextremistischen Hintergrund der Tat aus.

H. soll den mutmaßlichen Attentäter Stephan E. an der Waffe ausgebildet und ein Gewehr für ihn auf seiner Waffenkarte eingetragen haben. Ihm wird Beihilfe zum Mord und ein Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.