Möglicher Wahlbetrug in Venezuela: Demokratie-Anstrich misslungen
Amtsinhaber Nicolás Maduro wird nach einer chaotischen Wahl rasch zum Sieger erklärt. Sein Regime tat alles dafür, dass es nicht anders kommt.
B ei den Präsidentschaftswahlen in Venezuela ist das wohl schlimmste Szenario eingetreten. Der Wahlrat hat Nicolás Maduro zum Sieger erklärt. Die Opposition ihren Kandidaten, Edmundo González. Das Ganze in den Morgenstunden nach einem Wahltag, an dem viele stundenlang vor den Wahlstätten anstanden – manche sogar seit dem Vorabend.
Was in Venezuela passiert, war von Anfang an weder „fair“ noch „frei“ noch „Wahl“. Im Vorfeld hatte das Regime vielen Kandidat:innen die Teilnahme verboten, Parteien ausgehöhlt, Werbung gab’s nur für Maduro, dazu krasse Zensur. Am Wahltermin wurden den Wähler:innen dann Teilnahme und Zugang zum Wahllokal erschwert, wo es nur ging. Aus „betrügerischen Wahlen“ könnte „Wahlbetrug“ geworden sein.
Statt Antworten nach Monaten der Anspannung zu bekommen, fragt sich Venezuelas Bevölkerung: und jetzt? Die Opposition und ihre Anhängerschaft haben wie noch nie auf einen Wandel gehofft. Werden sie jetzt komplett in Lethargie verfallen? Oder auf die Straßen gehen und protestieren? Wie wird das Maduro-Regime reagieren? Macht es seine Drohungen wahr und nutzt die Vorwände, um Gegner:innen auszuschalten?
Die internationale Gemeinschaft, die ja bei den Wahlbeobachtungsmissionen quasi nicht präsent war, darf nicht nur Transparenz fordern als Bedingung, um die Wahl anzuerkennen. Wenn sie das ernst meint, muss sie auch unabhängige ausländische Unterstützung ins Land bringen, um diese Transparenz zu schaffen – und zwar schnell, bevor die Beweise vernichtet sind.
Wunsch nach Legitimität
Fest steht: Ziel der Wahlen war für Maduro, seinem Regime nach Jahren der internationalen Nicht-Anerkennung und dem Debakel um Interims-Präsident Juan Guaidó wieder einen demokratischen Anstrich zu verpassen. Egal, was in den kommenden Tagen passiert: Das ist gründlich misslungen.
Ein Wahlsieg Maduros unter diesen Umständen bedeutet, dass sowohl die Massenmigration aus Venezuela als auch die internationalen Sanktionen weitergehen werden – und das sind düstere Aussichten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana