Modell „Kooperative Baulandentwicklung“: Sozialmodell mit vielen Löchern
Immer wieder lassen sich Land und Bezirke den Bau neuer Sozialwohnungen durch die Lappen gehen. Das zeigt eine Anfrage der Grünen.
Laut dem Modell müssen Investor:innen mindestens 30 Prozent der von ihnen errichteten Wohnfläche für eine Miete von derzeit maximal 6,70 Euro kalt pro Quadratmeter vermieten – im Gegenzug gibt es staatliche Fördermittel wie etwa zinslose Baudarlehnen. Darüber hinaus werden die Investor:innen verpflichtet, sich anteilig an den Kosten für Kita-, Schul- oder Spielplätze zu beteiligen, die infolge des Zuzugs gebaut werden müssen. In Sanierungs- und Entwicklungsgebieten und bei kleineren Bauprojekten greift das Modell nicht.
Teils wirken die Begründungen von Land und Bezirken, warum das Modell nicht angewendet wurde, skuril. Beispielsweise hat sich der Bezirk Spandau am Freudenberger Weg 50 Sozialwohnungen durch die Lappen gehen lassen, weil in dem Gebiet eine „einseitige Bevölkerungsstruktur“ bestehe – womit der Bezirk meint, dass dort überwiegend arme Menschen wohnen. Förderlich sei es dort angeblich, wenn „Personengruppen ohne spezifische soziale Probleme und mit zumindest durchschnittlichem Einkommen“ zuziehen würden.
Das sei eine „stigmatisierende, wertende Aussage, die impliziert, dass arme Menschen Probleme machen“, kommentierte Fragesteller Schwarze dies gegenüber der taz. Der Zuzug wohlhabender Menschen löse keine sozialen Probleme vor Ort. „In ganz Berlin ist der Wohnungsbau angespannt. Da können wir in keinem Fall auf sozialen Wohnungsbau verzichten“, sagt Schwarze. Auch in weiteren Spandauer Projekten argumentiert der Bezirk ähnlich.
Künftig 50 Prozent sozialer Wohnungsbau?
Ausnahmen gab es auch für Projekte, über die bereits vor Verabschiedung des Modells im August 2014 verhandelt wurde – obwohl die Baupläne erst danach unterzeichnet wurden. Dies sei eine „schlechte Vorgabe“ der damals rot-roten Regierung gewesen, so Schwarze. „Stutzig“ machen ihn drei Projekte in Treptow-Köpenick, zu denen es nur knapp heißt, dass eine Verpflichtung zu Mietpreisbindungen „voraussichtlich unangemessen gewesen“ wäre. „Da scheint es, als hätte der Bezirk nicht einmal vorgeschlagen, sozialen Wohnraum zu errichten.“ Solche Ausnahmen dürfe es jetzt, wo das Modell etabliert ist, nicht mehr geben.
In Zukunft müsse das Land dafür Sorge tragen, dass die Bezirke das Modell konsequent durchsetzen, sagt Schwarze. Darüber hinaus müsse die Quote für sozialen Wohnraum auf mindestens 50 Prozent erhöht werden. „Das ist machbar und entspricht dem Koalitionsvertrag“, gibt der Grünen-Politiker die Position seiner Partei wieder. Konkret genannt werde die Zahl bereits im Wohnungsbündnis von Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Ein gutes Vorbild sei München, wo bereits eine Quote von 60 Prozent Sozialwohnungen vorgeschrieben ist.
Perspektivisch brauche es aber auch Förderung für das Gewerbe, so Schwarze weiter. Hier gebe es meist keine Mietpreisbegrenzung und nur einen sehr schlechten Kündigungsschutz. Um Handwerksbetriebe, aber auch Angebote für Kunst und Kultur in den Kiezen zu halten, müssten bezahlbare Flächen sichergestellt werden. Hier müsse der Bund ran, da er gesetzgeberisch zuständig sei, so Schwarze.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!