Missbrauchsvorwurf in Australien: Kardinal Pell muss vor Gericht
Der australische Kurienkardinal George Pell muss sich vor Gericht verantworten. Dem 76-Jährigen werden sexuelle Übergriffe vorgeworfen.
Die mutmaßlichen Taten liegen Jahrzehnte zurück. In einer Wochen dauernden Vorprüfung unter Ausschluss der Öffentlichkeit hatten verschiedene Zeugen entsprechende Vorwürfe gemacht. Untersuchungsrichterin Belinda Wallington strich allerdings mehrere Beschuldigungen aus der Anklageschrift, weil sie der Meinung war, die Beweislage reiche nicht aus für eine Beurteilung durch ein Geschworenengericht.
In der Öffentlichkeit wurde bekannt, dass Pell beschuldigt wird, sich in den siebziger Jahren in einem Kino unangebracht verhalten zu haben. Auch der Vorwurf, sich in einem Schwimmbad vor Jugendlichen entblößt zu haben, kursierte in den Medien. Ein anderer Kläger sagte, er sei in Melbourne von Pell belästigt worden. Damals war der Geistliche bereits Erzbischof.
Pell bekannte sich am Dienstag nicht schuldig. Er hatte im letzten Jahr gesagt, auf den Tag zu warten, an dem er sich in einem Gericht den Vorwürfen stellen könne. Wann der Prozess stattfinden wird, soll demnächst festgelegt werden.
Vertuschung von Sexualdelikten
Der Geistliche ist in Australien heftig umstritten wegen seiner Rolle bei der Vertuschung von Sexualdelikten durch Dutzende von Priestern und anderen Vertretern der Kirche. Tausende Fälle von sexuellen Übergriffen durch Geistliche waren in den letzten Jahren im Rahmen verschiedener Untersuchungen ans Tageslicht gekommen.
Kardinal Pells Name wurde dabei immer wieder genannt. Als höchster Katholik Australiens habe er versucht, Opfer zum Schweigen zu überreden, um die Kirche zu schützen, so die Kritik. Zeugen meinten, der Geistliche habe das Leid der Geschändeten nicht ernst genommen und sich ihnen gegenüber „kaltherzig“ verhalten, wie der Vater eines Opfers klagte.
Für den Papst ist die Anklage ein schwerer Schlag, nachdem er eine „Null-Toleranz-Politik“ gegenüber sexuellem Missbrauch durch Würdenträger angekündigt hatte.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bildungsforscher über Zukunft der Kinder
„Bitte nicht länger ignorieren“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA entwerfen UN-Resolution zum Krieg in der Ukraine ohne jede Kritik an Russland
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen