Missbrauchsverdacht: Begrabscht und befummelt
Ein Angestellter der Wilhelmsburger Vatan-Moschee steht unter Verdacht, Mädchen sexuell missbraucht zu haben. Polizei ermittelt – Gemeinde unterstützt.
Der Beschuldigte arbeitete seit zweieinhalb Jahren in der zur islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (Nationale Ansicht) gehörenden Moschee, die einen Krämerladen unterhält. Die Gemeinde umfasst 95 Mitglieder, insgesamt 170 Kinder werden in separaten Mädchen- und Jungengruppen unterrichtet.
Bei seinen Taten soll der Mann nach dem klassischen Schema vorgegangen sein: Er soll die Mädchen mit Gratis-Bonbons und Schokolade in seinen Laden gelockt und sich dann an den Schutzbefohlenen durch Begrabschen und Befummeln vergangen haben. Zudem soll er ihnen gedroht haben, sie umzubringen, wenn sie etwas ihren Eltern sagen würden.
Ans Tageslicht gebracht hat die Vorfälle eine Praktikantin des städtischen Spielhauses Veddel. Als die Betreuerin vergangene Woche mit den Kindern nach dem Spielen einen Stadtteilspaziergang unternahm und dabei die Vatan-Moschee an der Veddeler Brückenstraße passierte, kam ihr der Ladenbesitzer merkwürdig vor. Es sei ihr aufgefallen, dass er die Kinder seltsam erschrocken angeschaut habe.
Der Leiterin des Spielhauses, hakte nach den Beobachtungen ihrer Mitarbeiterin nach und motivierte die Mädchen, über ihre Erlebnisse zu sprechen. Nach den Schilderungen ermunterte die Erzieherin die Mädchen, das Geschehen auch ihren Eltern zu berichten. „Ihr habt es mir erzählt, nun solltet ihr es euren Müttern und Vätern sagen.“
Das machte den Kindern offenkundig so viel Mut, dass einige auf dem Weg nach Hause aus Wut und Protest an die Fenster des Moschee-Ladens klopften, woraufhin der Laden-Betreiber herausgekommen und handgreiflich geworden sei.
Beschuldigter ist abgetaucht
Als der Gemeindevorsitzende Zeki Yazici am Abend von dem Vorfall erfuhr, habe er telefonisch den Angestellten mit den Vorwürfen konfrontiert und ihm Hausverbot erteilt, bis die Vorfälle aufgeklärt seien. Der Beschuldigte ist inzwischen abgetaucht.
Für den Freitag hatte der Gemeindevorstand zu einer Versammlung eingeladen, um die Mitglieder über den Verdacht zu informieren. Die Informationen lösten Entsetzen aus. „Ich werde meine Kinder nicht mehr in die Nähe der Moschee lassen“, entrüstete sich eine Mutter und zeigte ihren Unmut über das späte Handeln und dass sich viele betroffenen Familien offenbar in Schweigen gehüllt hätten. Sie verlangte für diese Woche eine weitere Versammlung und eine breite Aussprache über die Vorfälle in der Moschee.
„Wir haben der Polizei jede Hilfe zugesagt“, versicherte der Gemeindevorsitzende Zeki Yazici der taz. „Wir müssen jetzt erst mal die Ermittlungen der Polizei abwarten, was an den Anschuldigungen dran ist.“ Die betroffenen Eltern sollten sich zur Unterstützung mit ihren Töchtern an einen Psychologen wenden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin