Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach: Polizei durchsucht Wohnungen

Im Pädophilie-Komplex Bergisch Gladbach finden Ermittler:innen immer neue Verdächtige. In ganz Deutschland gab es nun Razzien.

Ein Polizist steht vor Wohnhäusern

Polizeiliche Durchsuchungen in Bergisch Gladbach im November 2019 Foto: Dagmar Meyer-Roeger/dpa

KÖLN dpa/epd | Wegen des Verdachts auf Besitz und Verbreitung von Darstellungen sexueller Gewalt gegen Kinder hat die Polizei bundesweit Wohnungen von 50 Personen durchsucht. Der Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach wird damit größer und größer. Die Durchsuchungen fanden fast in der ganzen Republik statt: in Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

„Eine große Zahl von Polizisten“ sei an den Aktionen beteiligt gewesen, sagte ein Sprecher. An mehreren Orten waren Spezialeinheiten im Einsatz. „Vier Personen wurden nach bisherigen Erkenntnissen leicht verletzt“, so die Ermittler. Dabei soll es lediglich um Schocks und leichte Prellungen gehen. Eine „erste Sichtung und Bewertung sichergestellter Beweismittel“ war am Nachmittag bereits im Gange. Details sollen am Mittwochvormittag in Köln bekannt gegeben werden.

In früheren Fällen hatte die NRW-Polizei Festplatten und Akten bereits per Hubschrauber in andere Bundesländer fliegen lassen, weil das bei den großen Datenmengen schneller ging als über eine sichere Datenleitung. Der Hintergrund: Sobald der Verdacht besteht, dass ein Kind noch immer missbraucht wird, soll keine Zeit verloren gehen. Bei einer früheren Aktion waren die Ermittler:innen auf diese Weise auf mehrere Kinder aufmerksam geworden, die aktuell noch missbraucht wurden. Diese Kinder konnten dann aus den Fängen der Täter befreit werden.

Die Ermittlungen rund um den Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach haben schon zu Spuren in sämtliche Bundesländern geführt. Mit Stand 27. August wurde alleine in NRW gegen 84 Beschuldigte ermittelt, zehn Menschen waren bereits angeklagt, einer in Haft, acht in Untersuchungshaft.

30000 unbekannte Tatverdächtige

Die Ermittler:innen haben wiederholt von einem „Schneeball-System“ gesprochen: Mit jedem Verdächtigen werden sie auf weitere Täter aufmerksam. „Wir reden von 30 000 unbekannten Tatverdächtigen“, sagte Markus Hartmann, Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW (ZAC NRW), kürzlich der Deutschen Presse-Agentur.

Ins Rollen gebracht wurde das alles durch eine Durchsuchung im Oktober 2019 bei einem Familienvater in Bergisch Gladbach bei Köln. Bei ihm fand die Polizei Tausende Bilder und Videos. Es ging um riesige Datenmengen – inklusive Spuren zu Chatpartnern. Davon ausgehend kamen die Polizist:innen nach und nach immer mehr Verdächtigen auf die Spur.

Der Ursprungsverdächtige aus Bergisch Gladbach, ein Koch und Hotelfachmann, muss sich derzeit vor dem Landgericht Köln verantworten. Insgesamt 79 Taten werden ihm zur Last gelegt. Die meisten betreffen den Missbrauch seiner sehr kleinen Tochter im Einfamilienhaus, in dem die Familie gemeinsam lebte. Den Großteil der Taten soll er mit seinem Smartphone dokumentiert haben, um die Bilder und Videos später an gleichgesinnte Männer zu verschicken.

Aus den Durchsuchungen vom Dienstag dürften sich weitere Verfahren ergeben. Für die Ermittler:innen steht fest, dass sie der Komplex noch auf Jahre hinaus beschäftigen wird.

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