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Missbrauchsdebatte in der KircheEKD-Ratsvorsitzende tritt zurück

Annette Kurschus legt alle Ämter nieder. Hintergrund sind Missbrauchsermittlungen gegen einen früheren Kollegen, einen langjährigen Bekannten von ihr.

„Schwerwiegende Entscheidung“ – Annette Kurschus tritt als Präses der evangelischen Kirche zurück Foto: Christoph Reichwein/dpa

Bielefeld epd | Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, hat ihren Rücktritt erklärt. Die 60-Jährige legt auch ihr Amt als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen nieder, wie sie am Montag in Bielefeld vor Journalisten erklärte. Dieser Schritt falle ihr nicht leicht, erklärte Kurschus. Es sei für sie persönlich eine schwerwiegende Entscheidung. Sie habe sich für beide Ämter mit Leidenschaft und Herzblut eingesetzt – und mit „Redlichkeit“, die sie sich von niemandem absprechen lasse, wie sie hinzufügte.

Grund sind staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen mutmaßlichen Missbrauchs gegen einen ehemaligen Kirchenmitarbeiter, den Kurschus aus früheren Tätigkeiten kennt. Der Beschuldigte soll über Jahre hinweg junge Männer sexuell bedrängt haben.

Kurschus steht seit 2012 an der Spitze der westfälischen Kirche, vor zwei Jahren wurde sie zur Ratsvorsitzenden der EKD gewählt. Ende der Woche steht die Synode der westfälischen Landeskirche an, daher habe sie sich jetzt zu diesem Schritt entschieden.

Vor einigen Tagen waren Missbrauchsvorwürfe gegen einen ehemaligen Beschäftigten des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein öffentlich geworden. In Siegen war Kurschus ab 1993 als Gemeindepfarrerin und später als Superintendentin tätig. Nie habe sie in einem Dienstverhältnis zu dem Mann gestanden, den sie nach eigener Aussage sehr gut kennt, erklärte sie.

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6 Kommentare

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  • Ich verstehe den Rücktritt nicht. Möglicherweise ist auch der Artikel lückenhaft. Aber wenn Frau Kurschus nie in einem Dienstverhältnis zum Angeklagten stand und sich nichts vorzuwerfen hat, dann wäre es ihre Aufgabe, im Amt zu bleiben und gerade sicherzustellen, dass der Fall vollständig aufgekärt wird; in welcher Richtung auch immer. Es gilt ja (noch?) die Unschuldsvermutung, solange nichts bewiesen ist.

  • Was wird ihr denn konkret vorgeworfen?

  • Diesem Schritt des Rücktritts gebührt voller Respekat! Vielleicht kriegt Herr Woelki das auch mit?

  • Ich hätte diesen Rücktritt und diese Begründung niemals erwartet.



    Unglaublich. Anette Kurschus hat m.M. etwas nicht begriffen oder weggesehen und das ist ganz unglaublich. Das ist für evangelische Kirche ein Riesengau.

    • @Andreas_2020:

      Das ist wohl vollkommen falsch interpretiert. Insofern haben vielleicht Sie die Sache nicht begriffen. Frau Kurschus tritt zurück, weil sie sich selbst vorwirft, das Fehlverhalten eines anderen, eines Mannes wieder einmal, nicht erkannt oder erspürt zu haben.



      Das ehrt sowohl Frau Kurschus als auch die Institution EK selbst wenigstens ein Stück weit.



      Zu solch einer Fehlerkultur kommt es bei den Katholischen frühestens in 200 Jahren, geschätzt.

    • @Andreas_2020:

      Die Erklärung vor der Presse war ein rhetorisches Meisterstück.