Miniserie „Trigonometry“ bei ZDFneo: Wenn die Chemie einfach stimmt
In der britischen Serie „Trigonometry“ verlieben sich drei Menschen. Beim Zuschauen verliebt man sich gleich mit. Dafür sorgen Cast, Buch und Regie.
Zunächst geht es, wie so oft, nur ums Geld. Das Leben in London ist teuer, also beschließen Gemma (Thalissa Teixeira), die ein kleines Café betreibt, und ihr Lebensgefährte Kieran (Gary Carr), ein Zimmer unterzuvermieten. Wirklich Lust haben sie darauf keine, schließlich haben sie schon jetzt kaum Platz oder Zeit füreinander. Doch bevor sie es sich anders überlegen können, steht schon Ray (Ariane Labed) in der Tür. Aus dem Leben als Paar wird „Trigonometry“.
Während Gemma und Kieran überarbeitet, übermüdet und – mangelst Zeit – untervögelt sind, hat Ray ihre Karriere als olympische Synchronschwimmerin nach einem traumatisierenden Unfall an den Nagel gehängt.
Überhaupt sind die Unterschiede zwischen den dreien auf den ersten Blick gewaltig. Kieran stammt aus ärmeren Verhältnissen, wuchs die meiste Zeit bei Pflegeeltern auf und musste als Soldat im Krieg Dinge mitansehen, die lange kaum zu verarbeiten waren. Gemma, Tochter eines weißen, eher gefühlskalten Vaters und einer schwarzen, früh bei einem Unfall verstorbenen Mutter, identifiziert sich als queer und hatte auch schon Beziehungen mit Frauen.
Britische Ernsthaftigkeit
Ray dagegen steht nach Jahren des pausenlosen Trainierens nun in der Großstadt erstmals auf eigenen Beinen, erlebt beim Pub-Besuch fasziniert ihre erste Drag Show und wirkt auch sonst mitunter wie die naiv-verpeilte Unschuld vom Lande. Aber die Chemie stimmt, die Dreier-Konstellation verändert sich rasant, aus einem Untermieter-Verhältnis wird erst eine enge Freundschaft – und schließlich mehr.
„Trigonometry“, alle Folgen am Freitag, 10. September, ab 23.15 Uhr bei ZDFneo, ab Samstag dann in der ZDF-Mediathek
„Trigonometry“ ist eine BBC-Produktion, was schon ein erster Hinweis darauf ist, dass es hier kaum um die reißerische Darstellung eines Throuples geht, dieses vermeintlich so modernen Modells einer Dreierbeziehung. Die achtteilige Serie, verantwortet von Dramatiker Duncan Macmillan und Schauspielerin Effie Woods, reiht sich ein bei „Fleabag“, „Back to Life“ oder „Pure“, britischen Serien also, die mit Witz, Ernsthaftigkeit und Authentizität vom Alltag von Menschen um die 30 erzählen.
Es geht in „Trigonometry“ weniger um Queerness oder Sex (auch wenn der durchaus eine Rolle spielt), und auch die Polyamorie an sich oder die Schwierigkeiten, eine glückliche Dreierbeziehung zu führen, sind nicht der alleinige Fokus der Geschichte. Eher konzentrieren sich Macmillan und Woods darauf, wahrhaftig und mit nur leicht utopischem Einschlag allgemein von zwischenmenschlichen Beziehungen zu erzählen: von amourösen und partnerschaftlichen, von Freundschaft und – weil auch das Umfeld der Protagonist*innen immer mit einbezogen wird – auch von (wahl-)familiären.
Wäre ein wenig mehr Radikalität und Experimentierfreude vorstellbar gewesen, auch angesichts der Tatsache, dass Polyamorie in Film und Fernsehen eher selten ernsthafte Repräsentation erfährt? Keine Frage. Doch auch der niedrigschwellige, auf Zugänglichkeit bauende Ansatz von „Trigonometry“ hat etwas für sich, zumal er hervorragend umgesetzt ist.
Es ist nicht Plot, der die Serie vorantreibt, selbst die Dialoge treten mitunter in den Hintergrund. Viel wichtiger sind Blicke und Stimmungen, und gerade in dieser Hinsicht spielen alle Beteiligten ihre Stärke aus.
Man kann sich gleich mit verknallen
Macmillans Theater-Background macht sich nicht zuletzt im räumlichen Aufbau der zu weiten Teilen in einem Apartment spielenden Geschichte bemerkbar, während die griechische Regisseurin Athina Rachel Tsangari (für die letzten drei Folgen übernimmt Stella Corradi) enormes Feingefühl selbst dann an den Tag legt, wenn das Drehbuch momentweise die Subtilität hintanstellt.
Doch all das wäre nichts ohne das Trio in den Hauptrollen: Teixeira, Carr und Labed haben ein solches Übermaß an Charisma, dass die Luft zwischen ihnen gar nicht zu knistern aufhören will. Man kann ihnen kaum zuzusehen, ohne sich in sie zu verknallen – etwas Besseres kann einer Serie über die Liebe kaum passieren.
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