Miniserie „Ehrenpflegas“: Oh, ihr lieben Pflegekräfte
Die Miniserie „Ehrenpflegas“ biedert sich peinlich an Jugendliche an. Aber die Alternativen der Kritiker'innen sind auch nicht besser.
![Zu sehen ist der Protagonist, der auf einem Handy tippt und einen Korridor entlang geht Zu sehen ist der Protagonist, der auf einem Handy tippt und einen Korridor entlang geht](https://taz.de/picture/4444675/14/ehrenpflegas-1.jpeg)
Es treten auf: Boris, ein fauler, nicht sehr kluger Pflegeschüler mit einem Herzen aus Gold. Die hübsche Prinzessin Miray, die am Ende ihre zarte Sympathie für den trotteligen Boris erkennt. Und Harry Potter, eine junge Frau, die so heißt, weil sie gern liest und eine Streberin ist. Sie alle absolvieren die neue generalisierte Pflegeausbildung und werden so zu besseren Menschen. Zwischendrin noch ein, zwei Demenzwitze, weil: die werden nicht alt. Haha.
Die Miniserie „Ehrenpflegas“ ist Teil einer Kampagne des Familienministeriums und richtet sich an Jugendliche. Dafür hat man einen Plot schustern lassen, der die neue Pflegeausbildung in eine sich von Punchline zu Punchline hangelnden Coming-of-Age-Geschichte unterrührt.
Beim echten Pflegepersonal kommt das nicht gut an: Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe sieht „Selbstverständnis, Ethos und Pflegefachlichkeit der Berufsgruppe“ verletzt. Die Petition einer Pflegefachkraft, die „beleidigende Ehrenpflegas-Kampagne“ sofort zu stoppen, hat knapp 8.000 Unterschriften.
Die Kritiker’innen haben recht: Es ist natürlich eine Peinlichkeit, dass ein Ministerium versucht, mit einer anbiedernd coolen Kampagne Jugendliche anzusprechen, die es offenbar für unreif hält. Und natürlich stößt die lächerliche Darstellung all jene vor den Kopf, die in dem Bereich arbeiten.
Die Alternativen sind auch peinlich
Die Alternativen der Kritiker’innen haben andererseits ihr ganz eigenes Peinlichkeitsniveau. In der Petition wird moniert, nicht dargestellt würden „Schlüsselpraktiken von Pflegenden wie Therapieassistenz, eigenverantwortliches Nebenwirkungsmanagement, Wundversorgung, Trauerbegleitung, Kriseninterventionsgesprächen, Angehörigenberatung und -anleitung.“ Na, noch wach?
Die Kampagne ist schlecht, ja, aber gibt es überhaupt die Möglichkeit einer guten Kampagne? Vielleicht wären die 700.000 Euro, die „Ehrenpflegas“ gekostet hat, besser in eine SitCom investiert gewesen. Die BBC hat mit „Getting On“ gezeigt, wie man liebevoll und lustig vom Krankenhausalltag erzählen kann. Aber das Grundproblem bleibt doch, dass der Beruf der Pflegenden trotz gegenteiliger Beteuerungen nicht sonderlich angesehen ist. Pflegende machen halt das, wovon man als Normalsterbliche’r nix wissen will. Und keine Kampagne kann reinholen, was die Gesellschaft nicht aufbringt: ein ehrliches Interesse an der Situation in der Pflege.
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