piwik no script img

Mindestlohn-Debatte in Koalition15 Euro, wenn nötig per Gesetz

Eigentlich legt eine Kommission den Mindestlohn fest. Falls diese nicht 15 Euro für 2026 vorschlägt, kündigt die SPD nun eine gesetzliche Regelung an.

Matthias Miersch, Generalsekretär der SPD Foto: Liesa Johannssen/reuters

Berlin (dpa) | – Die SPD hat mit einer Festlegung des Mindestlohns durch die Politik gedroht, falls die zuständige Kommission von ihren Kriterien abweichen und deshalb keine Anhebung auf 15 Euro im nächsten Jahr empfehlen sollte. „Ich gehe davon aus, dass diese Kommission tatsächlich zu diesem Ergebnis [von 15 Euro] kommt“, sagte SPD-Generalsekretär Matthias Miersch im Podcast „Table.Briefings“. Auch der als Kanzler vorgesehene CDU-Chef Friedrich Merz habe gesagt, er gehe davon fest aus. „Aber wir haben auch in anderen Fällen schon bewiesen, dass wir, wenn diese Kommission beispielsweise nicht dementsprechend handelt, dass wir dann gesetzgeberisch tätig werden können“, fügte Miersch hinzu.

Damit spielte er auf das Jahr 2022 an, als die damalige Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP den Mindestlohn außerplanmäßig zum 1. Oktober 2022 auf 12 Euro erhöhte. Die Wirtschaft hielt das für ökonomisch schädlich, und die damals oppositionelle Union schäumte.

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist daher vereinbart, dass die maßgeblich von Arbeitgebern und Gewerkschaften besetzte Kommission unabhängig von der Politik arbeiten soll. Dabei soll sie sich im Rahmen einer Gesamtabwägung unter anderem sowohl an der Tarifentwicklung als auch an 60 Prozent des Bruttomedianlohns von Vollzeitbeschäftigten orientieren. „Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar“, heißt es im Koalitionsvertrag.

Allerdings darf die Kommission von ihren Kriterien abweichen, wenn „besondere ökonomische Umstände“ vorliegen. Und die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer Krise. Daher haben einige Unionspolitiker Zweifel geäußert, dass 15 Euro schon 2026 erreichbar sind.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Vielen Dank für eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen. Die Moderation                
  • Würde man den Mindestlohn in der gleichen Weise wie die Diäten der Bundestagsabgeordneten an den Lohnindex koppeln, wäre diese ganze Diskussion längst überfällig.



    Alternativ kann man die Zusammensetzung und die Statuten der Mindestlohnkommission ganz einfach so anpassen, dass man im Jahr 2026 auf einen Mindestlohn von 15€ kommt.



    Viele scheinen generell noch nicht begriffen zu haben, dass Deutschland vor allem deshalb einen hohen Leistungsbilanzüberschuss hat (im Jahr 2024 betrug er ca. 246 Mrd. € - das wäre ca. 5.500€ pro Erwerbstätiger/m), weil die Löhne, gemessen am BIP, viel zu niedrig sind. Anders ausgedrückt: Arbeitnehmer werden in Deutschland viel zu wenig an den von ihnen selbst erwirtschafteten Gewinnen beteiligt.

  • Wen interessiert schon der Koalitionsvertrag... Die kleine SPD droht mit einer gesetzlichen Regelung hmmm... Reichen jetzt schon 16% für die Verabschiedung eines Gesetzes? Oder 26% wenn die Linke mit stimmt? Das ganze ist doch nur eine Show für die Öffentlichkeit, damit die sich SPD als "sozial" profilieren kann... Peinlich.

  • Lohnerhöhungen sollten sich an anderen Lohnerhöhungen orientieren.



    Die Festsetzung des Mindestlohns auf €15 wäre eine Erhöhung um 17%. Welches Unternehmen soll das bezahlen?



    Die SPD sicher nicht, deswegen ist sie ja auch so großuügig.

  • "Die Kommission pariert nicht so wie wir das wollen, also machen wir das so, wie wir das wollen."



    Schon cool diese SPD...

  • Es ist wirklich zum Lachen mittlerweile. Mit wem will Herr Miersch ein solches Vorhaben denn umsetzen? Den Spezialdemokraten ist einfach nicht zu helfen. Zuerst (in dieser Frage) schlecht verhandeln, dann so tun als hätte man das eigene Verhandlungsergebnis nicht verstanden und dann so tun, als könne man mit der Union die Mindestlohnkommission umgehen. Soll das ein Signal an die SPD Basis sein, weil deren Zustimmung noch aussteht? Ja, theoretisch ginge das. Aber in der Praxis wird es nicht passieren, das weiß Herr Miersch genau.



    Hätte man sich in den vergangenen zwei Dekaden nicht ständig dahin treiben lassen, die linken Mehrheiten, die es gab, nicht zu nutzen, dann hätte man auch Dinge umsetzen können. Heute ist das linke Lager (genau deswegen) "tot" - Mehrheiten in unerreichbarer Ferne. Die SPD hat es verbockt. Aber "diese" Union ist noch schlimmer. Mittlerweile bin ich nicht mal mehr sicher ob die Koalition überhaupt zu Stande kommt. Wenn Merz irgendetwas verstehen würde, dann würde er jetzt einen Schritt auf die SPD zu machen - es hilft ihm gar nichts, wenn sich die SPD für eine "große" Koalition so weit verbiegen muss, bis sie bricht. Ob er das versteht? Nie im Leben!

  • Koalitionsbruch schon vor Beginn der Koalition?



    Im Koalitionsvertrag steht ganz klar drin, dass die Mindestlohnkommision den Mindestlohn festlegt. Die neue Regierung ist noch nicht im Amt und schon will die SPD Vertragsbrüchig werden. Dieser Regierung gebe ich keine 2 Jahre. Die AfD wird Freudentänze machen, wenn auch diese Regierung zerbricht. Nur dieses mal kann man die Schuld nicht mehr auf die FDP abwälzen.

  • Wir lassen das ganze eine Kommission entscheiden und wenn uns die Entscheidung nicht passt dann entscheiden wir eben anders. Wofür dann die Kommission?

    • @Jesus:

      Die Kommission ist ein klassischer Sündenbock. Wird der Mindestlohn nicht erhöht war die Kommission Schuld und bei einer Erhöhung kam diese eben von der Politik.



      Die Diskussion um den Mindestlohn ist für unsere Region ja deutlich wichtiger als anderswo. In meiner Stadt verdienen derzeit 42% der Beschäftigten nur Mindestlohn. Generell liegen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bei ca. 33% an Mindestlohnempfängern. Interessant ist hier auch das Männer im Osten deutlich häufiger nur Mindestlohn verdienen als Frauen, was einer der Hauptgründe für den umgedrehten Gender-Pay-Gap bei uns ist.



      Über den Mindestlohn in Kombination mit einer Mindestrente hätte die Politik schon seit Jahren ein wirksames Mittel gegen die AfD bei uns in der Region in der Hand. Stattdessen gibt es aber lieber Lippenbekenntnisse und Demokratieförderung.

      • @Šarru-kīnu:

        Die Forderung nach "Mindest-Lohn/Rente/Lebensstandard" klingt zwar immer toll, aber es muss finanziert werden können. Die Forderung basiert ja grundlegend auf zusätzlichen Zahlungen anderer - und die Frauen haben im Osten mehrheitlich eine höhere Bildung/Berufsabschluss und verdienen deshalb im Osten seltener Mindestlohn. Das Problem im oft braunen Osten ist eben auch die Überalterung und weniger Arbeitsplätze.

    • @Jesus:

      Berechtigte Frage.

  • "Eigentlich legt eine Kommission den Mindestlohn fest. Falls diese nicht 15 Euro für 2026 vorschlägt, kündigt die SPD nun eine gesetzliche Regelung an."



    Trumpesker populistischer Quark.



    Bestehende gesetzliche Regelungen aushebeln, während man selber in der Regierung sitzt? Eine saublöde Idee.