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Milliardenvertrag für FlüssigerdgasDeutschland frackt in Patagonien

Ein deutsches Unternehmen schließt ein Abkommen mit Argentinien. Ungeachtet indigener Proteste soll im „Vaca Muerta“ Ölschiefer ausgebeutet werden.

Die Vaca Muerta-Formation gilt als eines der größten Schieferöl- und -gasvorkommen der Welt: Drohnenaufnahme eines Felds bei Anelo Foto: Alexander Villegas/reuters
Jürgen Vogt

Aus Buenos Aires

Jürgen Vogt

Deutschland setzt weiterhin auf Flüssigerdgas. Und das soll nun auch aus Patagonien kommen. Das deutsche Unternehmen Securing Energy for Europe GmbH (SEFE) hat einen Vertrag mit dem argentinischen Konsortium Southern Energy unterzeichnet: Von Ende 2027 bis 2035 sollen bis zu zwei Millionen Tonnen Flüssiggas pro Jahr nach Deutschland geliefert werden. Los gehen soll es nach der Inbetriebnahme eines Verflüssigungsschiffs im Golf von San Matías in der Provinz Río Negro.

Das Gas wird im patagonischen „Vaca Muerta“ (Tote Kuh) gewonnen. „Vaca Muerta“ ist Teil des Neuquénbeckens, das sich auf einer Fläche von rund 30.000 Quadratkilometern über die Provinzen Neuqúen, Río Negro, La Pampa und Mendoza erstreckt. Es gilt als eines der weltweit größten Ölschiefervorkommen. Aus dem unterirdischen Sediment lassen sich per Fracking Schieferöl und Schiefergas gewinnen.

Während Fracking in Deutschland größtenteils verboten ist, wird es in Argentinien nun aktiv vorangetrieben. „Wir freuen uns, Argentinien auf seinem Weg zu einem globalen Flüssigerdgas-Exporteur zu unterstützen“, sagte SEFE-Leiter Frédéric Barnaud.

Bis Juni 2022 gehörte SEFE zum russischen Gasunternehmen Gazprom. Seit November 2022 ist das Unternehmen Eigentum des Bundes. „SEFEs erster LNG-Vertrag mit einem südamerikanischen Lieferanten trägt nicht nur zur geografischen Diversifizierung unseres Portfolios bei, sondern stärkt auch die Energiesicherheit Europas“, so Barnaud.

Indigener Protest negiert

Zufriedenheit herrscht auch auf der argentinischen Seite. Die Vereinbarung mit SEFE „stellt den ersten groß angelegten Flüssigerdgasverkauf aus Argentinien dar und ist ein Meilenstein für die zukünftige Erschließung der Erdgasreserven von Vaca Muerta“, so Rodolfo Freyre, Vorsitzender des argentinischen Konsortiums Southern Energy. Erwartet werden jährliche Einnahmen in Höhe von rund sieben Milliarden US-Dollar. Das Konsortium besteht aus fünf Unternehmen, dazu gehört auch die staatliche Ölgesellschaft YPF.

Keinen Grund zur Zufriedenheit haben dagegen die lokalen, vor allem indigenen Gemeinschaften im patagonischen Frackinggebiet. Seit Jahren wehren sie sich gegen die negativen Folgen des Frackings, vor allem gegen die Verschmutzung des Grund- und Trinkwassers in dieser weitgehend trockenen Region. Wenn in Zukunft von Protesten gegen das Fracking aus Patagonien berichtet wird, wird auch Deutschland seinen Teil der Verantwortung dafür tragen.

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5 Kommentare

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  • Seit 1492 widerfährt den Menschen in den "entdeckten" Gebieten das gleiche Schicksal. Ausbeutung bis zur Versklavung, Völkermord, Rechtlosigkeit, Vertreibung sind die Merkmale dieser Geschichte. Die Motivation der Kolonialisten war und ist bis heute nur der eigene Profit. Hinter "christlicher Verkündigung" wird das versteckt und die sogenannte "Zivilisation" aufgezwungen. Und dass auch Deutschland mit dabei ist, das kann nicht verwundern. Wir gehören zu denen, die dieses System ignorieren, sogar vorantreiben.

  • 🇩🇪🇦🇷 𝐃𝐞𝐮𝐭𝐬𝐜𝐡𝐥𝐚𝐧𝐝 𝐟𝐫𝐚𝐜𝐤𝐭 𝐢𝐧 𝐏𝐚𝐭𝐚𝐠𝐨𝐧𝐢𝐞𝐧



    schreibt die taz. - Schön wär's, sag ich da.

    Aber leider hat die BASF ihre Gasaktivitäten in Argentinien ja längst aufgegeben, durch den Verkauf von Wintershall Dea an Harbour Energy. Sonst würde Deutschland tatsächlich selbst in Argentinien fracken und das Gas dann wenigstens zum Teil bei sich selbst kaufen. Fänd' ich eigentlich besser.

    Noch besser fände ich, wenn Argentinien sein Gas vor Ort verarbeiten, und dann die verarbeiteten Produkte in die EU liefern würde. Vielleicht macht es das Mercosur-Abkommen ja irgendwann leichter möglich. Die Petrochemie-Basis ist aus den 1970ern bis 1990er Jahren in Argentinien schon da.

    Im Übrigen, nur zur Erinnerung: In den USA wird seit 20 Jahren gefrackt - und wir kaufen deren Gas auch. Protestiert dort niemand? Kann ich mit nicht vorstellen.

    In Katar kaufen wir auch - aber da wird ja nicht gefrackt, sondern bloß gegen Menschenrechte verstossen. Und unser Wirtschaftsminister Robert Habeck machte dort ganz opportun den Diener...

    Also, die Kirche lieber mal im deutschen Dorf lassen, statt Argentinien und seine deutschen Kunden zu ermahnen.

  • Inzwischen sollte glasklar sein: der Kapitalismus muss sterben, damit die Menschheit (über)leben kann.

  • Natürlich muss man Fracking betreiben. Windmühlen (leicht rückbaubar) verschandeln die Landschaft und treiben die Länder in den Ruin.



    Nur China nicht - Gott gewollt.

    • @LeKikerikrit:

      Das ist ja das geniale was die zukünftige Supermacht China ausmacht, die chinesische Regierung hat einen ganz anderen zeitlichen Intelligenz Horizont als unsere Politiker.

      China überschreitet als erstes Land der Welt die Marke von 1.000 GW Solarleistung. Ende 2024 waren in China Solaranlagen mit 890 GW installiert. Mit dem Zubau von 210 GW im ersten Halbjahr 2025 wurde erstmals die Marke von 1.000 GW überschritten. Bis Ende 2025 dürfte die Gesamtleistung in China dann bei rund 1.300 GW Photovoltaik-Leistung liegen.

      „Allein der 2025 in China produzierte Solarstrom erreicht bereits etwa die Hälfte der Jahres-Stromerzeugung aller weltweit betriebenen Atomkraftwerke,“ so Dr. Norbert Allnoch vom Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR).