Milliardenvertrag für Flüssigerdgas: Deutschland frackt in Patagonien
Ein deutsches Unternehmen schließt ein Abkommen mit Argentinien. Ungeachtet indigener Proteste soll im „Vaca Muerta“ Ölschiefer ausgebeutet werden.
Deutschland setzt weiterhin auf Flüssigerdgas. Und das soll nun auch aus Patagonien kommen. Das deutsche Unternehmen Securing Energy for Europe GmbH (SEFE) hat einen Vertrag mit dem argentinischen Konsortium Southern Energy unterzeichnet: Von Ende 2027 bis 2035 sollen bis zu zwei Millionen Tonnen Flüssiggas pro Jahr nach Deutschland geliefert werden. Los gehen soll es nach der Inbetriebnahme eines Verflüssigungsschiffs im Golf von San Matías in der Provinz Río Negro.
Das Gas wird im patagonischen „Vaca Muerta“ (Tote Kuh) gewonnen. „Vaca Muerta“ ist Teil des Neuquénbeckens, das sich auf einer Fläche von rund 30.000 Quadratkilometern über die Provinzen Neuqúen, Río Negro, La Pampa und Mendoza erstreckt. Es gilt als eines der weltweit größten Ölschiefervorkommen. Aus dem unterirdischen Sediment lassen sich per Fracking Schieferöl und Schiefergas gewinnen.
Während Fracking in Deutschland größtenteils verboten ist, wird es in Argentinien nun aktiv vorangetrieben. „Wir freuen uns, Argentinien auf seinem Weg zu einem globalen Flüssigerdgas-Exporteur zu unterstützen“, sagte SEFE-Leiter Frédéric Barnaud.
Bis Juni 2022 gehörte SEFE zum russischen Gasunternehmen Gazprom. Seit November 2022 ist das Unternehmen Eigentum des Bundes. „SEFEs erster LNG-Vertrag mit einem südamerikanischen Lieferanten trägt nicht nur zur geografischen Diversifizierung unseres Portfolios bei, sondern stärkt auch die Energiesicherheit Europas“, so Barnaud.
Indigener Protest negiert
Zufriedenheit herrscht auch auf der argentinischen Seite. Die Vereinbarung mit SEFE „stellt den ersten groß angelegten Flüssigerdgasverkauf aus Argentinien dar und ist ein Meilenstein für die zukünftige Erschließung der Erdgasreserven von Vaca Muerta“, so Rodolfo Freyre, Vorsitzender des argentinischen Konsortiums Southern Energy. Erwartet werden jährliche Einnahmen in Höhe von rund sieben Milliarden US-Dollar. Das Konsortium besteht aus fünf Unternehmen, dazu gehört auch die staatliche Ölgesellschaft YPF.
Keinen Grund zur Zufriedenheit haben dagegen die lokalen, vor allem indigenen Gemeinschaften im patagonischen Frackinggebiet. Seit Jahren wehren sie sich gegen die negativen Folgen des Frackings, vor allem gegen die Verschmutzung des Grund- und Trinkwassers in dieser weitgehend trockenen Region. Wenn in Zukunft von Protesten gegen das Fracking aus Patagonien berichtet wird, wird auch Deutschland seinen Teil der Verantwortung dafür tragen.
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