Fracking in Argentinien: Traum vom vielen Öl

Im argentinischen Vaca Muerta werden die größten Ölschiefer-Reserven der Welt vermutet. Auch das argentinische Militär mischt kräftig mit.

Arbeiter sind bei der Fertigstellung einer neuen Trasse im Einsatz, durch welche Erdgas aus den Vorkommen in Vaca Muerta geliefert werden soll.

Die Vorkommen in Vaca Muerta werden auf 308 Trillionen Kubikfuß Erdgas geschätzt Foto: Victoria Gesualdi/dpa

BUENOS AIRES taz | Argentiniens Militärs wollen die Einnahmen aus den Rohstoffexporten sichern. „Sind die Lithiumvorkommen im Norden oder Vaca Muerta im Süden nicht eine Grenze, über die das Geld ins Land kommt, das unser Land für seine Entwicklung braucht?“, fragte kürzlich Argentiniens oberster Militärkommandant Juan Martín Paleo. Gleichzeitig kündigte er die Einrichtung von Anlagen in den genannten Gebieten an, um den „Einsatz militärischer Mittel zur Abschreckung und wenn nötig zur Verteidigung dieser strategischen Ziele“ zu verstärken.

Argentiniens „Vaca Muerta“ gilt als eine der weltweit größten Ölschiefer-Reserven. Aus dem Sediment lassen sich per Fracking Schieferöl und Schiefergas, also Flüssiggas gewinnen. Nach der Verfassung darf die argentinische Armee nur zur Verteidigung der Landesgrenzen eingesetzt werden, weshalb Paleo auch eine Revision der bisherigen Definition der Außengrenzen vorschlug. „Müssen wir sie nicht im Rahmen eines erweiterten Grenzkonzepts betrachten, um sie zu verteidigen?“ Gemeint ist die Grenze, über die das Geld kommt.

Da jedoch gar keine Invasion der Rohstoffregionen durch ausländische Truppen droht, dient die Militarisierung offensichtlich dem reibungslosen Abbau und Abtransport der Vorkommen. Gegenwärtig wird eine Gaspipeline von Vaca Muerta in Richtung Norden verlegt, für deren Sicherheit angeblich gesorgt werden muss.

„Argentinien hat enorme Möglichkeiten in den Bereichen Bergbau, Öl und Gas sowie der Agrarindustrie. So sehr, dass wir die jährlichen Exporteinnahmen relativ schnell um 25 Milliarden Dollar steigern könnten“, so der argentinische Wirtschaftsanalyst Miguel Kiguel. Seit Jahren wird diese Prognose in zahllosen Varianten von Po­li­ti­ke­r*in­nen aus nahezu allen politischen Lagern wie ein Heilsversprechen vorgetragen.

Kritische Stimmen dringen kaum durch

Übersehen wird gerne, dass Argentinien 20 Jahre nach dem Soja-Boom und der Bonanza der Rohstoffpreise in den Nullerjahren sozial ähnlich ruiniert ist wie zu Beginn. Ende 2022 lebten 18 Millionen Menschen – fast 40 Prozent der Bevölkerung – unterhalb der Armutsgrenze.

Kritische Stimmen, die vor den ökologischen und gesundheitlichen Folgen des Extraktivismus in Bergbau und Landwirtschaft warnen, dringen dennoch kaum durch. Im Gegenteil, die Protestaktionen der betroffenen Bevölkerung vor Ort, zu der vor allem Angehörige des Mapuche-Volks gehören, werden zunehmend als terroristische Akte diffamiert. Die letzte größere Aktion fand im November statt, als mit der Blockade zweier Straßen der Zugang zu den Ölfeldern tagelang versperrt wurde. Die Blockierenden forderten eine bessere Trinkwasserversorgung für alle Be­woh­ne­r*in­nen der Region.

Mitarbeit: Felix Lee

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.