Militärparade in Aserbaidschan: Den Feind ein zweites Mal demütigen

Aserbaidschan zelebriert seinen Sieg über Armenien im Krieg um Bergkarabach. Auch der türkische Staatschef Erdoğan, ein guter Verbündeter, ist dabei.

Die Präsidenten Tayyip Erdogan aus der Türkei und Ilham Aliyev aus Aserbaidschan nehmen an einer Militärparade teil, um den Sieg im Berg-Karabach-Konflikt in Baku, Aserbaidschan, zu feiern

Siegesparade in Baku – und Präsident Alijew sowie sein türkischer Amtskollege Erdoğan beobachten Foto: Turkish Presidential Press Office/reuters

BERLIN taz | So sehen Sieger aus: Am Donnerstag hat die Regierung in Aserbaidschan in der Hauptstadt Baku mit einer größeren Militärparade ihren Triumph über Armenien im Krieg um Bergkarabach gefeiert. Vor dem Parlamentsgebäude marschierten Streitkräfte auf. Durch die coronabedingt nur mäßig mit Publikum gefüllten Straßen rollten Sattelschlepper mit ausgebranntem armenischem Kriegsgerät sowie neuer aserbaidschanischer Militärtechnik.

Außer Präsident İlham Alijew war auch dessen türkischer Amtskollege Recep Tayip Erdoğan anwesend. Der Kampf, der politisch und militärisch geführt worden sei, sei noch nicht zu Ende, sondern werde an vielen anderen Fronten weitergehen, sagte Erdoğan.

Bei dem Krieg um die von Armenier*innen bewohnte Region Bergkarabach, in den die Türkei zugunsten Bakus eingegriffen hatte, waren auf beiden Seiten zusammen rund 5.000 Soldaten getötet worden. Die Kampfhandlungen endeten nach 44 Tagen am 10. November durch eine Waffenstillstandsvereinbarung. Diese war unter Vermittlung Russlands zustande gekommen.

Die Vereinbarung sieht unter anderem eine Rückgabe aller Bergkarabach umgebenden sieben Rayons, die Armenien im Zuge des Kriegs Anfang der 1990er Jahre erobert hatte, an Aserbaidschan vor. Auch ein Teil von Bergkarabach selbst – darunter die zweitgrößte Stadt Schuscha – wird künftig von Baku kontrolliert. Die Umsetzung des Abkommens, das auch einen Austausch von Kriegsgefangenen zwischen den beiden Südkaukasusrepubliken vorsieht, sollen russische Friedenstruppen überwachen.

Armenische Militärangehörige vermisst

Doch während die Übergabe der Gebiete an Aserbaidschan mittlerweile erfolgt ist, geht der Gefangenenaustausch nur schleppend voran. Am Mittwoch dieser Woche postete der armenische Vize-Premier Tigran Avinjan, dass die Aserbaidschaner drei Zivilisten an Jerewan überstellt hätten. Das berichtet das Onlineportal Kavkazkij Uzel (Kaukasischer Knoten).

Im Internet kursieren Videos über die Enthauptung zweier armenischer Soldaten

Jedoch gibt es bis dato keine genauen Angaben über die tatsächliche Anzahl der Betroffenen. Inoffiziellen Informationen zufolge könnten sich derzeit noch bis zu 150 armenische Soldaten in aserbaidschanischer Kriegsgefangenschaft befinden, Baku beziffere deren Anzahl auf neun, sagte Ani Samsonjan, Mitglied der Kommission für Menschenrechte des armenischen Parlaments.

Laut mehreren Berichten von Kavkazkij Uzel bemühe sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EMRK) in 32 Fällen armenischer Gefangener um Informationen aus Aserbaidschan. Dutzende armenische Militärangehörige gelten derzeit immer noch als vermisst.

Unterdessen sorgen Videos von Kriegsverbrechen vor allem aserbaidschanischer Soldaten, die in den sozialen Netzwerken zirkulieren, für erregte Debatten. Darauf ist zu sehen, wie armenische Armeeangehörige gefoltert, erniedrigt und ­exekutiert werden. Auch zwei Enthauptungen wurden filmisch festgehalten.

Inwieweit es sich um authentische Aufnahmen handelt, wird derzeit überprüft. Auch internationale Menschenrechtsgruppen, wie Human Rights Watch (HRW), bemühen sich darum. Im Fall extralegaler Hinrichtungen sei das jedoch sehr kompliziert, sagte Giorgi Gogia, Direktor für Europa und Zentralasien bei HRW gegenüber der Onlineplattform Eurasiaorg.net.

Umstrittene Videos in sozialen Medien

Ende November hatte die aserbaidschanische Staatsanwaltschaft bereits angekündigt, alle derartigen Straftaten verfolgen zu wollen. Diejenigen, die für solche illegalen Taten verantwortlich seien, würden vor Gericht gestellt. Allerdings hätten erste Untersuchungen ergeben, dass ein Großteil der Videos gefälscht sei, heißt es dazu in einer Erklärung.

Eine Gruppe aserbaidschanischer Aktivist:innen forderte die Staatsanwaltschaft in Baku auf, die Bilder in den sozialen Medien als Verletzung internationalen Rechts zu behandeln. Sie forderte die internationale Staatengemeinschaft auf, auch Druck auf Armenien auszuüben. Der aserbaidschanische Aktivist Ilkin Rustamzada schreibt auf Facebook: „Jeder, der einen Armenier köpft oder das filmt, sollte hart bestraft werden. Das gilt auch für diejenigen, die dem Krieg der aserbaidschanischen Nation ein IS-Label anheften wollen.“

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