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Milch und Fleisch werden eingelagertEU plant wieder Butterberge

Die EU will mit 80 Millionen Euro Milch- und Fleischpreise stützen, indem sie Überschüsse einlagert. Manche Bauern wollen lieber weniger produzieren.

XXX XXX XXX Kuh schaut einem Rohmilchtanker hinterher Foto: Arne Dedert/dpa

Berlin taz | Die EU-Kommission will Milch- und Fleischprodukte einlagern lassen, um die Preise zu stützen. Die Behörde schlug am Mittwoch Beihilfen für die private Lagerung von Magermilchpulver, Butter und Käse sowie Rind-, Schaf- und Ziegenfleisch vor. Die Maßnahme würde ermöglichen, Waren für mindestens 2 bis höchstens 6 Monate vom Markt zu nehmen, so die Kommission. Landwirtschaftskommissar Janusz Wojciechowski sagte, er sei zuversichtlich, dass die angekündigten Schritte die Märkte entlasten und schnell konkrete Ergebnisse zeigen werden. Allerdings muss das Hilfspaket im Umfang von rund 80 Millionen Euro noch von den Mitgliedstaaten genehmigt werden. Das soll bis Ende April geschehen und gilt als wahrscheinlich.

Europäische Bauern mussten ihre Milch teilweise schon wegschütten: Absatzmärkte sind weggefallen, Preise gedrückt und Lieferketten unterbrochen. Wegen der Corona-Pandemie ist die weltweite Nachfrage nach Milch und damit der Export gesunken. Vor allem auf dem wichtigen chinesischen Markt wird derzeit weniger verkauft. Zugleich zog die Nachfrage nach Milchprodukten in deutschen Supermärkten zeitweilig durch Hamsterkäufe an.

„In der jetzigen Ausnahmesituation ist die Förderung der EU für die private Lagerung von Milch- und Fleischprodukten das Instrument der Wahl, um schnell und punktgenau Stabilität an den Agrarmärkten zu gewinnen“, teilte der Deutsche Bauernverband mit. „Eine erneute allgemeine Diskussion um staatlich verordnete Milchmengenreduktion sei nicht hilfreich, weil sie kurzfristig ergebnislos bleiben wird“.

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) dagegen lehnt die Pläne der Kommission ab. „Private Lagerhaltung hat keine nachhaltige Wirkung. Wir sind da sehr kritisch“, sagte Sprecherin Berit Thomsen der taz. „Wenn das jetzt europaweit eingeführt wird, dann sollte das mit der Vorgabe verknüpft werden, die Menge an Milch zu drosseln.“ So könne der Markt vorsorglich geschützt werden und „nicht immer erst, wenn es schon zu spät ist.“

Weniger Kraftfutter, weniger Milch

Das sieht auch der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) so: „Es macht keinen Sinn Produkte einzulagern, die niemand nachfragt. Maßnahmen, die die Milchanlieferung verringern, sind besser“, sagte BDM-Sprecher Hans Foldenauer der taz: Private Lagerhaltung zu subventionieren sei gut, um saisonale Schwankungen auszugleichen, aber allein damit ließen sich keine Krisen überwinden. Er befürchtet, dass große Bestände eingelagert werden, die später jahrelang den Markt belasten, wenn der Staat sie wieder verkauft. „Die Mengen, die jetzt eingelagert werden, müssen ja dann wieder raus. Dann können sich die Preise nur sehr langsam erholen.“ Durch „zögerliches und falsches Handeln“ seien in der Milchkrise 2015/16 7 Milliarden Euro Schaden entstanden.

Der BDM ist wie die AbL dafür, die gesamte Produktion schnell herunterzufahren. Einzelne Bauern könnten nicht reduzieren, die seien sonst die „Gelackmeierten“, so Foldenauer. „Da brauchen wir verbindliche Regeln. Das ist wie bei der Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Autobahn. Die gilt für den Porsche und den VW-Käfer.“

Füttere man 1 Kilogramm weniger Kraftfutter, bekomme man 6 Prozent weniger Milch. „Das schadet keiner Kuh und keinem Bauern.“ Laut Foldenauer wäre mit einer Reduzierung der Milchmenge im Schnitt um 5 Prozent, „schon viel gewonnen“. Große Sorgen bereite ihm auch die drohende Rezession. Allein durch Kurzarbeit würden viele Menschen weniger ausgeben. „Dadurch erholt sich die Nachfrage nicht so schnell wie in früheren Milchkrisen.“ Der BDM warnt vor einem Höfesterben. Viele hätten schon durch Krisen der letzten Jahren schwer zu kämpfen.

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3 Kommentare

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  • Für 80 Millionen Milch- und Fleischprodukte einer industriellen Landwirtschaft für max. 6 Monate einlagern. Einfach nur irre. Wie wäre es mit 80 Millionen für ökologische Landwirtschaft.

  • "BDM" die abkürzung stand in vorbundesrepublikanischen zeiten mal für etwas anderes.der "Bundesverband Deutscher Milchvie"h"halter "sollte sich also vielleicht besser BVDMVH nennen um die verwechslung zu vermeiden.



    in diesem artikel wurden die "Milchviehhalter "ausversehen falsch geschrieben:das ermöglicht eine weitere verwechslung nämlich die des durchschnittlichen Milchviehalters dass eine kuh erreicht mit dem Milchviehhalter der dieses profitmaximal verkürzt .sinkt der milchertrag so wird die vom ökonomistischen blick des ausbeuters auf die natur zum milchvieh reduzierte kuh geschlachtet.und die kälber für die die muttermilch der kuh eigentlich bestimmt sind werden von dieser getrennt und sofern sie männlich sind nach kurzer mast geschlachtet.



    was für eine grausame perversion!



    und dann wird die geraubte milch für die das blut unschuldiger säugetiere vergossen wurde auch noch weggeschüttet,wenn sich der verkauf nicht lohnt :

    "Europäische Bauern mussten ihre Milch teilweise schon wegschütten:"

    wir laden die "europäischen Bauern" ein einmal alle drei strophen des gedichtes von Friedrich Schiller zu singen zu dem Ludwig von Beethoven die melodie der "Ode an die Freude" komponiert hat:



    darin heisst es :



    "Was den großen Ring bewohnet



    huldige der Simpathie!



    Zu den Sternen leitet sie,



    Wo der U n b e k a n n t e tronet.

    Freude trinken alle Wesen



    an den Brüsten der Natur,



    Alle Guten, alle Bösen



    folgen ihrer Rosenspur."

    de.wikipedia.org/wiki/An_die_Freude

    die dichter*innen sind wie manche sagen die erfinder der göttinnen und götter und wie andere sagen ihre bot*innen:



    hört auf rinder zu töten!melkt sie nur mässig!sorgt für ihr wohlergehen und bezahlt die milch mit ihrem gewicht in gold.dann kann sie den tempeln gespendet und als geschenk verteilt werden.dann wird auf erden eine lange friedenszeit beginnen.dann wird eure zivilisation nicht untergehen wie schon so viele andere

  • Viele Kuhbauern sind ja nicht mehr da in Deutschland, die schaffen wir auch noch.



    In den letzten 5o Jahren ging die Anzahl von Milchbetrieben um 93 % ( 1970 / 838000 Betriebe - 2019 / 60000 Betriebe ) zurück. Natürlich hat die Stückzahl je Betrieb zugenommen, vor allem wegen der neuen Bundesländer ( Mecklenburg - Vorpommern 232 Kühe im Durchschnitt, Bayern 40 Kühe ), auch wurde die Leistung je Kuh im Jahr ungefähr verdoppelt.



    Von 1984 - 2015 gab es eine Mengenbegrenzung ( Kontingent ) für jeden Betrieb, das die EU mit Blick auf China, und dem dortigen Absatz, beendete.



    1984 erhielt der Landwirt 80 Pfennige je L Milch, davon konnte er sich z.B. beim Bäcker 3 Brezen kaufen, 2019 musste er, bei einem Milchpreis von ca. 35 Cent je Liter Milch, 2 L liefern, um sich EINE Breze zu kaufen. Und die selbe Relation ist bei allen Produktionsfaktoren aufgetreten. Jetzt werden wieder " Fachleute " sagen , die Landwirte sollen halt auf BIO umsteigen, 2019 wurden 3,7 % der Milch Biologisch erzeugt, und es gibt fast keine Molkerei die Momentan neue BIO - Milch Lieferanten aufnimmt, weil der Absatz gesättigt ist.



    Und beim Rindfleisch drücken die immer größeren Magen aus Südamerika bei uns auf den Markt, ein Vorgeschmack auf das, Momentan in Verhandlung befindende, Mercosur - Abkommen. Also Regenwald gegen billiges Fleisch.