Migration: Ein Gesetz ohne Wirkung
Der erste Bericht des Senats zum Integrationsgesetz schmückt sich mit altbekannten Vorzeigeprojekten. Das Gesetz selbst hat jedoch wenig verändert.
„Bürokratisches Pillepalle, das uns nicht weiterbringt“ – so hatte Berlins berühmtester Bezirksbürgermeister, Heinz Buschkowsky (SPD) aus Neukölln, vor knapp zwei Jahren das damals beschlossene „Gesetz zur Regelung von Partizipation und Integration“ von EinwanderInnen abgetan. Dabei waren seine in einer rot-roten Koalition regierenden Parteigenossen so stolz darauf, Berlin zum ersten Bundesland mit einem solchen Gesetz zu machen. Dass es dem Senat mehr um den schönen Schein als um das Sein ging, mutmaßte damals auch die grüne Opposition.
Nun hat der Senat dem Abgeordnetenhaus den ersten Bericht zur Umsetzung des Partizipationsgesetzes vorgelegt – mit elf Monaten Verspätung. 53 Seiten umfasst die Wirkungsanalyse, fast die Hälfte davon sind Berichte aus den Bezirken. Das Ergebnis ist mehr als mau: Welche integrationspolitischen Erfolge tatsächlich auf das Konto des Gesetzes gehen, bleibt unklar.
Viel Altbekanntes
Zwar weist der Bericht vor allem im Bereich der interkulturellen Öffnung der Verwaltung einiges vor – meist allerdings versehen mit dem Hinweis, dass die entsprechenden Projekte bereits vor der Einführung des Integrationsgesetzes starteten. Viel Altbekanntes wird demnach präsentiert: etwa die Kampagne „Berlin braucht Dich“, mit der der öffentliche Dienst Berlins um MigrantInnen wirbt – seit 2006.
Der Bericht enthalte „wenig Überraschendes“, sagt der integrationspolitische Sprecher der CDU, Burkard Dregger. Es sei aber „anerkennenswert, dass an diesen Teilaspekten der Integration systematisch gearbeitet wird“. Vor Kurzem klangen die Christdemokraten noch anders: Frank Henkel, der damals bereits CDU-Chef war, hatte 2010 noch gefordert, die Verabschiedung des „völlig überflüssigen“ Gesetzes zu stoppen.
Weniger milde als Dregger beurteilen Oppositionspolitiker die Auswertung. Eine echte „Analyse der Wirkung des Gesetzes“ sei in dem Bericht nicht enthalten, sagt etwa der integrationspolitische Sprecher der Piraten, Fabio Reinhardt. Stattdessen biete der Bericht eine „nette Aufzählung beispielhafter Projekte“, die aber nicht erkennbar werden ließen, wo sich „Verwaltungshandeln im Sinne einer verbesserten Partizipation von MigrantInnen tatsächlich nachhaltig und dauerhaft geändert hat“. Ebenso wenig gehe der Bericht darauf ein, „wo es hapert und was nicht umgesetzt wurde“, so Reinhardt.
Stattdessen lese sich die Analyse „enttäuschend bis zynisch“, so der Pirat. Etwa da, wo der Bezirk Reinickendorf zum Thema interkulturelle Kompetenz notiert, „in Einzelfällen“ hätten sich einige MitarbeiterInnen „sicherlich derartige Kompetenzen angeeignet“. Aus dem Neuköllner Bezirksamt heißt es zum selben Thema: Hier sei „jede/r Mitarbeiter/in selbst angehalten, Sorge zu tragen.“ Reinhardt zufolge zeigt sich hier, dass die Einstellung des Bürgermeisters, alles sei pillepalle, auf die Berichterstattung abgefärbt habe.
Auch Susanne Kahlefeld, Sprecherin für Partizipation und Gleichbehandlung von MigrantInnen der Grünen-Fraktion, kann dem Bericht wenig abgewinnen. Offenbar machten Bezirke und Verwaltung „eben so gut oder schlecht Integrationspolitik, wie sie es entsprechend ihrer politischen Verhältnisse immer getan haben, ob mit oder ohne Integrationsgesetz“, sagt Kahlefeld. Was das Papier konkret zur Umsetzung des Integrationsgesetzes zu sagen habe, sei „jämmerlich“, so die Grüne.
Es erschließe sich nicht, warum solch ein Bericht erst mit einem Jahr Verzögerung geliefert werden konnte, moniert Safter Cinar, der den Deutschen Gewerkschaftsbund im Berliner Landesbeirat für Integrations- und Migrationsfragen vertritt. Der Beirat hatte die Einführung des Partizipationsgesetzes angestoßen. Am heutigen Dienstagabend wird er über dessen ersten Umsetzungsbericht sprechen. Vom Abgeordnetenhaus soll der Bericht im Januar zur Kenntnis genommen werden. Weitere Konsequenzen sieht das Gesetz nicht vor.
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