Migration über Ärmelkanal: Druck auf Premier Starmer wächst
Mehr als 1.100 Personen überquerten an einem Tag den Ärmelkanal, ein Tagesrekord. Doch der britische Premier versucht, die Migration einzudämmen.

1.194 Personen sind am Samstag in 18 Booten in England angekommen. Sie hoffen im Vereinigten Königreich Asyl beantragen zu können. Verschiedene britische und französische Behörden und die Seenotrettung mussten zu Land, Wasser und Luft nicht zuletzt zur Rettung der Menschen eingesetzt werden. Ein Teil der Boote verließ die französische Küste in der Nähe von Gravelines nahe Calais. Bisher sind in diesem Jahr bereits 14.600 Menschen auf diese Weise nach England gekommen.
Die Zahl liegt verglichen mit dem Vorjahreszeitraum ein Drittel höher. Seit ihrem Regierungsantritt setzt die Labourregierung ihre Hoffnung auf ein neues Grenzsicherheitskommando, welches die Aufgaben verschiedener staatlicher Behörden zur Bekämpfung des Problems koordinieren soll.
Erst vor drei Wochen verkündete Premierminister Keir Starmer seine neuen Pläne, die Nettoeinwanderungszahlen durch Erschwerungen von Arbeits- und Studiumsvisas zu senken und wiederholte sein Gelübde, Menschenschleusergangs wie Terrorismus zu bekämpfen. 2024 sank die Zahl der Nettoeinwanderung auf 431.000 Personen, im Vergleich zu 2023, als sie noch 860.000 betrug. Unter diesen kamen 2024 36.816 Personen in Booten über den Ärmelkanal. Doch die spektakulären Überquerungen, die allein 2024 mindestens 78 Leben kosteten, lassen die Emotionen mancher Brit:innen hochgehen.
Rechtspopulisten wettern gegen Migranten
Vor zwei Wochen wurden drei iranische Asylflüchtlinge vor einem Gericht in London der Spionage angeklagt. Alle drei kamen auf illegalen Wegen, entweder mit Booten oder in LKWs versteckt, ins Land. Fünf weitere Iraner sollen einen Terrorangriff auf die israelische Botschaft in London geplant haben. Nigel Farage, Parteiführer der in den Meinungsumfragen führenden rechtspopulistischen Partei Reform UK, beeilte sich im Unterhaus generell zu erklären, dass sich unter weiteren Bootsflüchtlingen auch weitere iranische Terroristen befinden könnten.
Seit der Regierung David Camerons 2010 hat jede britische Regierung bisher erfolglos versprochen, die Einwanderung zu senken. Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass nun auch Keir Starmer Gespräche mit verschiedenen Staaten führt, um dort eigene britische Abschiebungszentren einzurichten. Wo, ist nicht bekannt, spekuliert wird jedoch über Zentren in den Balkanstaaten. Ein Sprecher des britischen Innenministeriums erklärte, dass die Regierung einen ernst zu nehmenden Plan gegen Menschenschleudergangs eingeführt hätte.
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