Migration in die USA: Biden verschärft Asylregeln
US-Präsident Joe Biden führt eine neue Grenzregelung gegen die Einwanderung aus Mexiko ein. Menschenrechtler kritisieren die Aushöhlung des Asylrechts.
„Diese Maßnahme wird uns helfen, die Kontrolle über unsere Grenze zurückzugewinnen und die Ordnung in den Prozess zurückzubringen. Dieses Verbot bleibt in Kraft, bis die Zahl der Menschen, die versuchen, illegal einzureisen, auf ein Niveau reduziert ist, das unser System effektiv bewältigen kann“, sagte Biden.
Erst wenn die Zahl der Grenzübertritte auf einen Schnitt von unter 1.500 pro Tag fällt, soll die Grenze wieder geöffnet werden. Bidens Entscheidung, eigenhändig Maßnahmen zu ergreifen, sei der Untätigkeit der Republikaner im Kongress geschuldet. Diese hatten ein parteiübergreifendes Gesetzespaket zur Verbesserung der Grenzsicherung nach Druck von Ex-US-Präsident Donald Trump abgeschmettert.
„Republikaner haben mir keine Wahl gelassen“, sagte Biden. Er kritisiert dabei auch das Vorgehen seines Vorgängers und erneuten Kontrahenten für das Präsidentenamt. Biden beschwerte sich darüber, dass Trump die anhaltende Krise an der Südgrenze für seine politische Zwecke missbrauche.
Migration wird als Wahlkampfthema missbraucht
„Es war ein zynischer, extrem zynischer politischer Schachzug und eine vollkommene Pflichtverletzung gegenüber dem amerikanischen Volk, das von uns nicht erwartet, dass wir die Grenze als Waffe einsetzen, sondern dass wir sie reparieren“, so der 81 Jahre alte Demokrat.
Trump konterte Bidens Kritik in den sozialen Netzwerken und gab Biden Schuld an der aktuellen Lage. Der Ex-Präsident sagte, dass die Demokraten die Südgrenze „völlig aufgegeben“ hätten und dass das von Biden erlassene Dekret „nur reine Show“ sei, mit der er bei der bevorstehenden ersten TV-Debatte am 27. Juni punkten will.
Andere Republikaner stimmten dem zu und erklärten, dass das Dekret ein purer politischer Schachzug sei und bei weitem nicht ausreicht, um den Strom von Migranten zu stemmen. Der republikanische Sprecher des US-Repräsentantenhauses Mike Johnson bezeichnete das Vorgehen des Präsidenten als „schwach“ und nicht mehr als „Dekoration“.
Johnson, der kurz vor der offiziellen Bekanntgabe des Dekrets mit Journalisten sprach, erklärte, Bidens Maßnahme können die Situation sogar verschlimmern. Sie gebe Menschen einen Anreiz, weiterhin illegal ins Land zu gelangen, sie müssten lediglich unter den ersten 2.500 Menschen sein.
Linke Demokraten kritisieren „Asylverbot“
Die Zahl illegalen Grenzübertritte ist in Bidens Amtszeit stetig angestiegen. Zwischen Oktober 2022 und September 2023 verzeichnete die US-Grenzbehörde CBP mehr als 2,4 Millionen unerlaubte Grenzübertritte. Das war ein neuer Rekord.
Kritik an Biden kam allerdings nicht nur aus dem republikanischen Lager. Auch Menschenrechtsorganisationen und Demokraten aus dem progressiven linken Flügel der Partei äußerten sich kritisch.
„Indem Präsident Biden Trumps Asylverbot wieder in Kraft setzt, hat er amerikanische Werte untergraben und die Verpflichtung unseres Landes aufgegeben, Menschen, die vor Verfolgung, Gewalt und Autoritarismus fliehen, eine Möglichkeit zu geben, in den USA Zuflucht zu suchen“, erklärte der kalifornische Senator Alex Padilla.
Die Menschenrechtsorganisation ACLU hat bereits angekündigt, rechtlich gegen das Dekret vorzugehen. Es ist seit dem frühen Mittwochmorgen in Kraft. Da aktuell mehr als 2.500 Menschen pro Tag versuchen illegal in die USA zu gelangen, könnte die Südgrenze schon bald für Asylbewerber geschlossen werden. Ausnahmen gibt es nur für Opfer von Menschenhandel, alleinreisenden Minderjährigen und Menschen mit akuten medizinischen Notfällen.
Trotz der Maßnahme erklärte Biden, dass Migration und Zuwanderung wichtige Aspekte der USA seien. „Ich glaube, dass Einwanderung schon immer die Lebensader Amerikas war.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind