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Mieter-Vertreter über Mietpreisbremse„Das Gesetz ist mangelhaft“

Reiner Wild vom Mieterverein Berlin glaubt nicht an eine Preisdämpfung durch die geplante Neuregelung. Die Politik wolle sich nicht mit der Vermieterlobby anlegen.

Schön saniert und schön teuer Foto: dpa
Erik Peter
Interview von Erik Peter

taz: Herr Wild, die Mietpreisbremse soll reformiert werden. Wird der Mietenanstieg jetzt begrenzt?

Reiner Wild: Nein, eine wirkliche Preisdämpfung bei Wiedervermietungen wird es durch diese Regelung nicht geben.

Aber darum müsste es doch in dem Gesetz gehen, das sagt doch schon der Name.

Richtig, das war die Intention. Die Knappheit auf den Wohnungsmärkten sollte nicht voll zu Lasten der Mieter gehen. Um eine sozial brisante Lage durch immer höhere Wiedervermietungspreise zu vermeiden, sollte eine Bremse eingeführt werden. Die Erfolglosigkeit dieses Versuches wegen eines mangelhaften Gesetzes ist aber offensichtlich. Zum einen steigt das Niveau der Wiedervermietungsmieten weiter deutlich an, was auf die vielen Ausnahmen in dem Gesetz und die Vermieterverstöße zurückzuführen ist. Zum anderen setzen Mieter zu selten ihre Rechtsansprüche um und vermeiden in der schwierigen Marktsituation den Streit mit dem Vermieter.

Die Hauptprobleme des Gesetzes werden nicht angegangen?

Die Ausnahmen, die das Gesetz wirkungslos machen, bleiben bestehen. Wenn die Vormiete über der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich zehn Prozent liegt, darf die Mietpreisbremse auch künftig weiter überschritten werden. Jede Umgehung der Mietpreisbremse, von denen es zahlreiche gab, sorgt also dafür, dass Vermieter bei einer Neuvermietung wieder den überhöhten Mietpreis verlangen können. Der Gesetzgeber hat diese Regelung mit Verweis auf die Verfassung begründet. Das halten wir für vorgeschoben: Man wollte sich mit der Vermieterlobby nicht anlegen. Ohne Beseitigung dieser Ausnahmeregelung und einer Bußgeldandrohung kommen wir nicht zu einer Dämpfung.

Im Interview: Reiner Wild

63, arbeitet seit 1981 beim Berliner Mieterverein und ist seit 2009 Geschäftsführer. Er studierte Soziologie in Konstanz und Berlin und sitzt im Präsidium des Deutschen Mieterbundes.

Sehen Sie dennoch Verbesserungen in dem vorliegenden Entwurf?

Ja, es gibt eine neue Transparenz. Will ein Vermieter die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als zehn Prozent überschreiten, muss er dem Mieter gegenüber benennen, welche Ausnahmen dies rechtfertigen. Tut er dies nicht, darf er sich künftig nicht mehr im Nachhinein auf die Ausnahmen berufen, etwa darauf, dass die Vormiete bereits darüber lag. Wenn Vermieter die neuen Transparenzansprüche erfüllen, bleibt es weiter bei der Möglichkeit Mieten über der Mietpreisbremse zu verlangen.

Wie bewerten Sie die Begrenzungen der Mietpreissteigerungen nach Sanierungen?

Die angestrebten Veränderungen sind nicht hinreichend. Es soll eine Reduzierung der Mieterhöhung nach Modernisierung von elf auf acht Prozent jährlich der Investitionskosten geben. Das ist bei dem derzeitigen Zinsniveau überhaupt nicht angemessen. Die Mietsteigerungen nach Modernisierung werden weiter dramatisch hoch sein. Vermieter werden einfach das Investitionsvolumen erhöhen. Wir schlagen vier Prozent vor, bzw. eine Abschaffung dieser Umlagemöglichkeit und eine Integration in das System der ortsüblichen Vergleichsmiete. Diesen Schritt will die Bundesjustizministerin mit ihrem Entwurf nicht gehen. Das ist sehr bedauerlich.

Berlin hat vor einer Woche eine Bundesratsinitiative zum Thema beschlossen. Was ist daran besser?

Bei der Modernisierung ist eine Kappung bei sechs Prozent vorgesehen. Zusätzlich soll auf angespannten Wohnungsmärkten die ortsübliche Vergleichsmiete auch nach Modernisierung nicht um mehr als zehn Prozent überschritten werden dürfen. Das wäre eine sehr gute Lösung, die auch in den jetzigen Entwurf der Bundesregierung aufgenommen gehört. Auch sonst geht Berlin deutlich über Barley hinaus und will etwa die Vormieterregelung bei der Mietpreisbremse abschaffen.

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4 Kommentare

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  • Warum der ganze Zinnober? Auch mit einer effektiven Mietpreisbremse würde - wenn überhaupt - nur ein Übel gegen ein anderes getauscht.

     

    Keine Mietpreisbremse kann bewirken, dass da, wo die Mieten aktuell explodieren, in Zukunft mehr Leute wohnen können als heute. Diese Lagen bleiben überlaufen, und die Annahme, dass erzwungen niedrigere Preise auf einmal Jedem die freie Wahl des Wohnorts ermöglichen, ist eine populistische Illusion. Am Ende findet doch wieder eine Auswahl statt, die Jenen, die NICHT zum Zuge kommen, ungerecht erscheint. Und es ist nicht mal unwahrscheinlich, dass die Übergangenen dieselben sind wie heute, da die Vermieter auch ohne den "Preisfilter" immer schauen werden, dass sie sich möglichst solide Mietzahler anlachen.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Normalo:

      Die holen sich dann das Geld auf andere Art, da wird dann die Wohnung möbiliert vermietet und die Möbel muss man abkaufen oder die Leute sind einfach bereit mehr zu zahlen. Isst ja auch nicht illegal, wenn jemand dem Mieter einfach 10% mehr bietet muss der ja nicht nein sagen.

  • Die Knappheit auf den Wohnungsmärkten geht volle Kanne zu Lasten der Mieter. Die Vermieter / Eigentümer profitieren sogar von diesen marktbedingten Lasten erheblich. Wo wir dann auch bei dem Thema wären, dass vom Establishment stets beschritten wurde, nämlich das durch die Auswirkungen der seit 2015 stattfinden Flüchtlingskriese, besonders die unteren Schichten der Bevölkerung leiden. Hier Z.B. die höhere Mieten, extreme Schwierigkeiten eine neue Wohnung zu finden, weil man den Arbeitsplatz gewechselt hat usw. usw. . Das geht soweit, das in der Münchner AZ vor zwei Wochen zu lesen war, das sich eine junge Münchner Studentin gegenüber dem Vermieter verpflichte, ein halbes Jahr Oralverkehr zu gewähren, nur damit sie und nicht andere Bewerber die Wohnung bekommt.

    Diese absolute Wohnungsnot, ist ein unhaltbarer Zustand, den die Politiker, vor allem die von der SPD, zu verantworten haben.

     

    Die Wohnungsnot ist gesellschaftlich derart virulent, dass alles, aber auch alles Erdenkliche getan werden muss, es zu beseitigen. Meinetwegen Änderung des Grundgesetzes –ist doch in vielen anderen politischen Fragen – auch getan worden. Ausweisung von Baugrundstücke ohne Limit, massive Einschränkungen von Bürgerrechten, die sich gegen die Schaffung von Wohnungen richten, bis zur Wiedereinführung des Lastenausgleichsgesetz zur Schaffung von Wohnraum.

     

    Dieser Pfusch, dieses Klein Klein, die die SPD durch Barley unternimmt, um ein so großes Problem der Gesellschaft zu lösen, ist nur noch erbärmlich und wird der SPD in keiner Weise helfen, sondern noch mehr schaden.

  • Hilft nicht? Ja sowas?

    "ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich zehn Prozent"

    Vielleicht wird es leichter verständlich, wenn man die erlaubten 10% Steigerung mal mit der normalen Preissteigerungsrate vergleicht? Oder womöglich mit der Gehaltssteigerung?

    In Zeiten der schnellen Job- (und damit oft auch Wohnungswechsel) kann man sich leicht vorstellen, dass eine Wohnung alle paar Jahre neu vermietet wird. Und bei jeder Neuvermietung 10% sind z.B. nach dem dritten Mal schon 33%. Wie weit ist wohl in der Zeit das Gehalt nach oben geschossen (ich meine jetzt nicht die Diäten der MdB, die können da natürlich mithalten)?