Mietensteuer für Berlin: Ein Signal an die Bundesregierung

Die SPD will Vermieter, die zu hohe Mieten verlangen, zur Kasse bitten. Was ist das Motiv für diese Steuer nach Weimarer Vorbild? Ein Wochenkommentar.

Kundgebung vor dem Roten Rathaus

Kundgebung für die Enteignung privater Hauseigentümer vor dem Roten Rathaus Foto: dpa

Ist das nicht ungerecht? Ausgerechnet diejenigen Mieterinnen und Mieter in Berlin, die ohnehin schon überhöhte Mieten zahlen, sollen nun auch noch den Neubau finanzieren? Nicht direkt natürlich, aber indirekt schon? So zumindest könnte man den Vorschlag des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung DIW für eine „progressive Mietensteuer“ verstehen, den sich in dieser Woche auch die SPD-Abgeordneten Lars Rauchfuß und Mathias Schulz zu eigen gemacht haben.

Diejenigen Vermieter, die mehr als 10 Prozent über dem Mietspiegel an Miete verlangen, sollen eine Abgabe entrichten. Je höher die Miete über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, desto höher soll die Abgabe sein. Tatsächlich würde da einiges zusammenkommen, hat das DIW errechnet. Denn 41 Prozent aller Haushalte zahlen eine erhöhte Miete in Berlin.

Die jährlichen Einnahmen für den Berliner Landeshaushalt beziffert das Institut auf 201 Millionen Euro. Diese könnten etwa für die Förderung für den Bau von Wohnungen ausgegeben werden. Vorbild ist die Hauszinssteuer in der Weimarer Republik, mit der etwa der Bau von Siedlungen wie der Hufeisensiedlung in Britz finanziert wurde.

Ersatz für den Mietendeckel

Aber wer zahlt da am Ende eigentlich? Derjenige, der zuviel Miete verlangt? Oder diejenige, die zuviel Miete entrichtet? Natürlich müsse dafür gesorgt werden, dass die Mietensteuer nicht auf die Miete umgelegt wird, betonen Rauchfuß und Schulz. Darüber hinaus könne man überlegen, ob die Einnahmen nicht auch für die Senkung von Mieten verwendet werden könnten, indem das Land diese subventioniert.

Tatsächlich ist die Frage, wer da zahlt, gerade gar nicht die entscheidende. Denn ein Instrument, die Mieten dauerhaft zu senken, steht dem rot-grün-roten Senat derzeit nicht zur Verfügung. Den Mietendeckel hat das Bundesverfassungsgericht kassiert. Alle anderen Instrumente wie das Zweckentfremdungsverbotsgesetz, das Mietenstaatssekretärin Ülker Radziwill unlängst im taz-Interview ins Spiel brachte, wirken, wenn überhaupt, nur auf Umwegen. Die Botschaft des DIW und des Senats richtet sich deshalb vor allem an den Bund. Macht was, lautet sie, sonst wird es für die Vermieter in Berlin wieder etwas ungemütlich.

Dass Berlin, anders als beim Mietendeckel, eine solche Steuer verlangen darf, steht für das DIW außer Frage. Vorausgesetzt, sie heißt nicht Steuer, denn dafür hat das Land keine Gesetzgebungskompetenz. Eine Abgabe aber darf der Senat verlangen. Derzeit prüft die Senatsfinanzverwaltung den Vorschlag.

Dieser aber hält noch eine zweite Botschaft bereit. Er richtet sich auch gegen den Volksentscheid Deutsche Wohnen und Co. enteignen, über den derzeit eines Expertenkommission des Senats berät. Das DIW macht kein Hehl daraus, dass es von einer Vergesellschaftung privater Wohnungsunternehmen wenig hält. Wegen der hohen Entschädigungszahlungen, die das Land Berlin dabei leisten müsse, sei dies „ein weiterer fragwürdiger Versuch, den seit nunmehr gut zehn Jahren deutlich steigenden Wohnungsmieten in der Hauptstadt etwas entgegenzusetzen“, heißt es.

Stattdessen setzen DIW und SPD nun also auf eine Abgabe. Und auf ein freiwilliges Mietenmoratorium der privaten Vermieter, wie es Bausenator Andreas Geisel (SPD) vorgeschlagen hat.

Das ist ihr gutes Recht. Das gute Recht der Mieterinnen und Mieter aber ist es, zu sagen: Wir nehmen alles, was wir kriegen können. Einen Mietendeckel, den der Bund vielleicht doch noch erlaubt, ein Moratorium, eine Abgabe auf Wuchermieten und, wenn möglich, auch die Vergesellschaftung.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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