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Mieten in HamburgKleine Wohnung, teure Wohnung

Die vom Jobcenter übernommenen Mieten sind in Hamburg in den vergangenen Jahren doppelt so stark gestiegen wie im Bundesdurchschnitt.

Können sich viele kaum leisten: Wohnen in Hamburg Foto: Oliver Berg/dpa

Hamburg taz | Der Wohnungsmarkt für Geringverdiener scheint sich in Hamburg in den vergangenen Jahren dramatisch verschlechtert zu haben. Darauf deutet eine Auswertung des Hannöverschen Pestel-Instituts hin, nach der die vom Jobcenter übernommenen Mieten für Single-Haushalte innerhalb von gut sechs Jahren (März 2014 bis August 2020) um fast 55 Prozent gestiegen sind. Die Verbraucherpreise legten in diesem Zeitraum nur um 6,5 Prozent zu.

„Bei den Mieten wird oft rausgeholt, was rauszuholen ist“, sagt der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. Dabei bauten Vermieter auf die Jobcenter als „zuverlässige Zahlstelle“. Das Institut geht auf Eduard Pestel, einen Mitbegründer des Club of Rome, zurück und befasst sich nach eigenen Angaben mit Forschung und Beratung zu Nachhaltigkeitsthemen.

Dem Institut zufolge ist die Hamburger Entwicklung auch im Vergleich mit anderen Städten besonders drastisch. Bremen verzeichnete nur einen Anstieg von knapp 28 Prozent, Kiel 25 und die Region Hannover knapp 27 Prozent – Bundesdurchschnitt. Den Spitzenwert in Niedersachsen erreicht Vechta mit 48 Prozent, was Günther überrascht.

Brisant findet er, dass der Mietenanstieg Wohnungen einfachen Standards betreffe – nur für diese übernimmt das Jobcenter bis zu gewissen Grenzen die Miete. „Auf genau diese Wohnungen sind aber nicht nur Hartz-IV-Empfänger angewiesen, sondern eben auch die vielen anderen Haushalte mit niedrigen Einkommen“, sagt Günther. Das Angebot an günstigen Wohnungen sei rar. Gerade Neuvermietungen nutzten viele Vermieter, um abzusahnen.

„Überproportionaler Anstieg der niedrigen Mieten“

Die Analyse des Pestel-Instituts stütze das, was der Mieterverein zu Hamburg seit Langem wiederhole, sagt dessen Vorsitzender Siegmund Chychla. Jedes Frühjahr werteten Schüler des Gymasiums Ohmmor die Immobilienanzeigen diverser Online-Portale sowie des Hamburger Abendblatts aus. „Insbesondere in den vergangenen Jahren haben wir dabei einen überproportionalen Anstieg der niedrigen Mieten festgestellt“, sagt Chychla. Die Mieten der angebotenen Wohnungen lägen im Schnitt 50 Prozent über denen im offiziellen Mietenspiegel.

Dieser wird alle zwei Jahre erhoben. Im Vergleich der Jahre 2013 und 2019 ergibt sich darin ein durchschnittlicher Preisanstieg über alle Wohnungen von 14 Prozent. Bezogen auf die kleinsten Wohnungen in einfacher Lage beträgt der Anstieg 17 Prozent.

Dass der Anstieg hier nicht so krass ausfällt, ist aber nicht überraschend, denn der Mietenspiegel erfasst den Preisanstieg der Bestandsmieten, dem ein größeres Trägheitsmoment innewohnt als dem Markt für Neuvermietungen. Geringverdiener und Transferleistungsempfänger zögen überdurchschnittlich häufig um, sagt Chychla, was einen entsprechenden Anstieg der Kosten nach sich ziehen könnte. Dazu komme die große Konkurrenz um die kleinen Wohnungen. Mehr als die Hälfte der Hamburger lebt allein.

Pestel-Chef Günther befürchtet, dass der Staat unfreiwillig als Preistreiber agieren könnte. „Weil der Staat erpressbar ist, muss er mangels eigener Wohnungen alles an Mieten zahlen, was irgendwo aufgerufen wird“, sagt er. Schließlich könne er ja nicht zulassen, dass die Menschen auf der Straße landen.

Allerdings sind 40 Prozent der Mietwohnungen in Hamburg in der Hand der städtischen Saga sowie der Wohnungsbaugenossenschaften, gemeinsam organisiert im Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Sie verweisen stets auf ihre günstigen Durchschnittsmieten und deren preisdämpfende Wirkung. „VNW-Unternehmen nutzen bei der Neuvermietung einer Wohnung keineswegs immer die zulässigen Erhöhungsspielräume aus, sondern bleiben oft deutlich darunter“, sagt VNW-Direktor Andreas Breitner.

Das Jobcenter verweist auf die Coronakrise

Eine Erklärung für die vom Pestel-Institut ermittelte Entwicklung könnte Breitner zufolge der Anstieg der Mietnebenkosten wie Aufwendungen für Heizung, Warmwasser und Kabelanschluss sein, die der Senat zu den Kosten der Unterkunft rechnete. „Gerade die Kosten der sogenannten zweite Miete sind in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen“, sagt Breitner.

Das Jobcenter verweist als mögliche Erklärung auf die Coronakrise. Im März, zur Zeit des Lockdowns, der das Einkommen vieler Menschen einbrechen ließ, sei der Zugang zur Grundsicherung vereinfacht worden, sagt Luisa Deistung vom Jobcenter. „Alle, die bei uns Leistungen beantragt haben, bekommen die vollen Wohnkosten.“

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2 Kommentare

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  • "Das Angebot an günstigen Wohnungen sei rar."

    Weil der Staat nicht die Versorgung mit günstigen Wohnraum übernimmt oder auch nur übernehmen will. Vielerorts sind Politiker von SPD, CDU, CSU und FDP ganz besonders deutlich, dass dies auch nicht erwünscht ist. Vielmehr loben sich Politiker in Hamburg für die Anzahl der erstellten Wohneinheiten, das meiste davon freilich Eigentumswohnungen. Und dann lassen viele Vermieter auch mal eine Wohnung leer stehen, schaffen künstlich Nachfrage, schreiben Steuern ab.

    Der Punkt ist ganz einfach: Der Staat muss den sozialen Wohnungsbau fast komplett übernehmen und das Angebot zur Verfügung stellen. Und dort könnte dann eine Schreibkraft aus dem Ortsamt, eine Kassiererin von einem Discounter, ein Lehrling oder eben ein ALG-II-Bezieher (Hartz-Bezieher) leben. Die Höhe der Miete wird auch nicht durch das Jobcenter künstlich nach Oben getrieben, sondern es sind die Vermieter, die Knappheit nutzen können. Knapp sind günstige Wohnungen immer gewesen, aber die Knappheit steigt rasant an, seit städtische Gesellschaften, vor allem die SAGA in Hamburg, einen Teil der Wohnungen verkaufen, versteigern. Die SAGA will ihren Bestand nicht drastisch erweitern. Die Genossenschaften bauen ungern nur sozial, d.h. sie bieten schon günstigen Wohnraum an, oftmals aber genau berechnet und damit für Hartz_IV-Empfängerin nicht bezahlbar. Das große Problem ist, dass es sich lohn, in Wohneigentum zu investieren und dass dies viele Menschen mit Kapital machen. Damit sind künstliche Boom-Zeiten angebracht. Irgendwann wird da auch eine Korrektur kommen, aber das Preisniveau wird nicht mehr auf den Stand von 2005 sinken oder auf 2010, sondern es wird sehr hoch bleiben.

  • In Hamburg trägt die SPD erheblichen Anteil am Verkauf von Wohnungen der stadteigenen SAGA. Es funktioniert so, dass die SAGA eine Wohnung verkaufen darf, wenn der letzte Mieter ausgezogen ist und der Sanierungsbedarf höher ist als 20.000(?) Euro oder X Mieten. Das rechnerisch hinzubekommen ist gar kein Thema. So landen fast alle leeren Whg der SAGA auf dem berühmt-berüchtigten freien Markt.

    Zur Ehrenrettung der SPD sei gesagt, dass sowohl CDU als auch GRÜNE die komplette SAGA verkaufen wollten. Dies war eines der wichtigsten Anliegen der CDU-Grün Regierung von Bürgermeister Ole von Beust. Seitdem gibt es in Hamburg eine Art Zwei-Parteien-System, bestehen d aus SPD einerseits und CDUGRÜN andererseits. (Linke und NaziAFD sind wetterbedingt und haben keine Machtoption). Auf jeden Fall ist GRÜN die Partei des Kapitals und der Preistreiberei.