Microsoft und die NSA: Zugriff auf Skype-Videos ermöglicht
Neue Snowden-Enthüllungen: Microsoft soll eng mit dem Geheimdienst kooperiert haben - und hebelte demnach sogar die eigene Verschlüsselung aus.
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Einmal dem Geheimdienst zulächeln Bild: Paul Hackett/reuters
BERLIN taz | Der Internetkonzern Microsoft soll nach neuen Berichten der britischen Tageszeitung Guardian intensiver mit den Sicherheitsbehörden kooperieren als bislang bekannt. Laut Dokumenten, die der Whistleblower Edward Snowden dem Guardian hat zukommen lassen, soll Microsoft unter anderem der NSA Zugriff auf von Seiten des Unternehmens verschlüsselte Chat-Protokolle erlaubt haben.
Nachdem der Guardian im Juni mit Hilfe der Dokumente von Snowden enthüllt hatte, dass die NSA im Rahmen ihres Überwachungsprogramms Prism auf die Server von Internetgiganten wie Microsoft, Google und Facebook zugreift, gaben sich die Unternehmen zugeknöpft. Und das fast wortgleich. Man gebe Daten nur dann weiter, wenn es eine rechtsverbindliche Anweisung gebe, hieß es damals einhellig.
Die aktuellen Vorwürfe deuten nun darauf hin, dass der Konzern doch etwas mehr macht als das unbedingt Notwendige. Unter anderem habe Microsoft dem FBI Zugang zu dem Cloud-Dienst SkyDrive und der NSA Zugriff auf via Skype geführte Telefonate ermöglicht – seit Juli 2012 würden dabei auch Videos mitgeschnitten. „Die Audiospur wurde schon immer korrekt erfasst, aber ohne Video. Nun haben die Analysten das komplette 'Bild'“, zitiert der Guardian aus einem Dokument anlässlich der Einführung der neuen Funktion.
Darüber hinaus habe der Konzern der NSA geholfen, die unternehmenseigene Verschlüsselung zu umgehen. Es geht dabei um eine Art der Verschlüsselung, die von Internetprovidern selbst durchgeführt werden kann. So sind sie in der Lage, die Übermittlung etwa von Emails von einem Server zum anderen zu verschlüsseln. Geheimdienste, die Daten an den Verbindungskabeln abzapfen, würden dann nur unverständliche Zeichenketten vor sich haben. Der Haken: Der Nutzer weiß nicht, wie sicher der Schlüssel ist, den das Unternehmen verwendet. Und er weiß auch nicht, ob das Unternehmen nicht Dritten – wie hier den Berichten zufolge der NSA – Zugriff gewährt.
„Nutzer, die sicher gehen wollen, sollten selbst auf Verschlüsselungsmechanismen zurückgreifen“, empfiehlt Florian Glatzner vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Das Problem bei der sogenannten Client-seitigen Verschlüsselung: Sie funktioniert nur dann, wenn sowohl Sender als auch Empfänger einer Email die Technologie einsetzen. Die Free Software Foundation Europe (FSFE) empfiehlt Nutzern als Alternative zu Skype das Programm Jitsi und für die Mail-Verschlüsselung GnuPG. „Wer kleine Provider nutzt anstelle globaler IT-Firmen hat eine höhere Chance, dass seine Daten nicht im Schleppnetz der NSA landen“, sagt Karsten Gerloff, Geschäftsführer der FSFE.
Microsoft selbst nimmt zu den Vorwürfen nur indirekt Stellung und betont wie schon zuvor, Daten nur dann weiterzugeben, wenn das Gesetz das fordere. Aus den Unterlagen von Snowden gehe dagegen laut Guardian hervor, dass im Rahmen von Prism gesammelte Materialen routinemäßig an FBI und CIA übermittelt werde. Ein NSA-Dokument beschreibe das Programm als „Mannschaftssport“.
Microsoft deutet in seiner Mitteilung an, dass das Unternehmen sich nicht zu dem Ausmaß der Zusammenarbeit mit den Behörden äußern darf. Nach den berichten des Guardian unter Berufung auf NSA-Dokumente drängen mehrere große IT-Firmen die US-Regierung, offen über die Kooperationen sprechen zu dürfen, um Datenschutz-Bedenken der Nutzer entgegen zu kommen.
Leser*innenkommentare
spie
Mal angenommen jeder könnte seine Privatsphäre im Internet bewahren und es hätte noch nie etwas von wegen Spionage etc. stattgefunden.
Was oder wer schützt uns dann vor Terror-Angriffen oder sonstigen Attentaten?
@Hans
Gast
Soweit glaubhaft gehört: Ein in Münster-Land lebender Politiker/Sekretär machte ca. 1997 den Vorschlag das Deutschland/Europa eine eigene Verschlüsselung/ Sicherheit aufbaut.
Das stieß auf massive Kritik. Beim Fensterputzen ist dieser dann aus dem Fenster gefallen.
Merkwürdig, er erhielt ein hohes Gehalt und putzte niemals die Fenster.
Alles klar!
Hans
Gast
Es bleibt zu hoffen, dass Europa sich emanzipiert und mit geeigneter Verschlüsselungstechnik kontert.
Allerdings ist Deutschland mittlerweile derart technikfeindlich/technikängstlich ( siehe AKWs), so dass Deutschland eben kein BigPlayer im Internet mehr ist. Google, Microsoft, Apple, Cisco helfen "ihrem Land", wo sie können.
Dieses patriotische Denken wurde den Deutschen abtrainiert, ist aber ein Grundkonsens in vielen anderen Staaten.
Vielleicht sollten wir die Amerikaner durch unsere einzig verbliebene Exportware, die Autos ausspionieren ?
nok
Gast
"Microsoft selbst nimmt zu den Vorwürfen nur indirekt Stellung und betont wie schon zuvor, Daten nur dann weiterzugeben, wenn das Gesetz das fordere. Aus den Unterlagen von Snowden gehe dagegen laut Guardian hervor, dass im Rahmen von Prism gesammelte Materialen routinemäßig an FBI und CIA übermittelt werde. "
Das ist doch kein Widerspruch. Microsoft ist laut Gesetz(en) offensichtlich verpflichtet, die Daten routinemäßig an diese Dienste weiterzugeben und des weiteren, darüber Stillschweigen zu bewahren. So eine Art Staatsräson.
Es wirkt auf mich teilweise erschreckend, wie sehr bestimmte Grundrechte der Bürger (weltweit) eingeschränkt werden, aus Gründen der sog. Terrorabwehr, o.ä.
MK1964
Gast
Und was ist daran jetzt neu?
Dass Skype als nicht sicher gilt, weiß jeder, der sich nur ein ganz klein wenig damit beschäftigt hat, längst.
Und dass die NSA alles abhört, was über Telefon, Fax und Internet übertragen wird, konnte jeder spätestens seit der ECHELON-Diskussion im EU-Parlament wissen. Wobei die Parlamentarier auch schon ein paar Jährchen hinten dran waren, Nicht-Politiker wußten schon vorher Bescheid.
Und auch die Bin Ladens dieser Welt wissen Bescheid. Aus dem Grund schalten die ihre Mobiltelefone nicht mehr oder nur ganz kurz ein und schicken Kuriere um die Welt.
Also noch einmal: Was ist daran neu?