Meteorologe über Starkregen: „Es kann jede Region treffen“
Der Klimawandel bringt ein erhöhtes Risiko von Starkregen mit sich. Meteorologe Frank Kaspar über die Gefahr von Überschwemmungen.
taz: Herr Kaspar, seit wann ist Starkregen ein Problem?
Frank Kaspar: Generell ist Starkregen auch in der Vergangenheit aufgetreten. Seit 1881 wird das Wetter in Deutschland systematisch beobachtet. Um Starkregenereignisse zu erfassen, die oft kleinräumig sind, sind wir aber auf unser Radarnetzwerk angewiesen und das beobachtet flächendeckend erst seit 2001. Da sehen wir eine Tendenz zur Zunahme.
Wo ist es am schlimmsten?
Die Radardaten zeigen, dass überall in Deutschland damit gerechnet werden muss. Das daraus resultierende Risiko wird durch lokale Faktoren beeinflusst, insbesondere, wie gut das Wasser abfließen kann.
Welche Rolle spielt die Klimakrise?
Um das klar zuzuordnen, ist der Zeitraum aus den Radardaten etwas kurz. Was aber eindeutig dokumentiert ist: Die Temperaturen steigen weltweit und auch bei uns. Eine wärmere Atmosphäre kann mehr Wasserdampf aufnehmen. Aus theoretischer Überlegung ist also klar, dass mit einem fortschreitenden Klimawandel ein erhöhtes Risiko von Starkregenereignissen einhergeht.
Leiter der Hydrometeorologie beim Deutschen Wetterdienst, spricht auf dem Extremwetterkongress über Starkregen.
Wie sicher lässt sich so was eigentlich vorhersagen?
Relativ sicher sind wir bei großräumigen Ereignissen wenige Tage zuvor. Aber wenn der Regen schnell, heftig, überraschend kommt, kann es Todesfälle geben. Bei einem Ereignis wie beispielsweise im Ahrtal liegen die Auswirkungen über dem Erfahrungshorizont. Dann reagiert man möglicherweise falsch. Vor kleinräumigen Ereignissen kann präzise gewarnt werden, allerdings oft nur mit kurzen Vorlauf.
Ist Starkregen eigentlich auch nutzbar?
Um Grundwasserspeicher zu füllen, sind Starkregenereignisse in der Regel nicht ausreichend. Für landwirtschaftliche Zwecke wären auch großräumige Lösungen erforderlich. Es gibt aber beispielsweise das Konzept der Schwammstadt. Da wird so gebaut, dass das Wasser erst mal zurückgehalten wird, dadurch die Möglichkeit zum Versickern besteht und das Risiko für gravierende Überschwemmungen reduziert wird.
Hamburg, 27.–29. 9., Programm und Tickets auf extremwetterkongress.org
Kann das Problem auf nationaler Ebene gelöst werden?
Schutzmaßnahmen vor den Auswirkungen durch bauliche Maßnahmen sind kleinräumige Aufgaben unterhalb der nationalen Ebene. Aber wenn es darum geht, die Risiken durch den Klimawandel zu reduzieren, ist dies etwas, was die internationale Gemeinschaft nur gemeinsam lösen kann.
Leser*innenkommentare
Martin Rees
Es gibt aber beispielsweise das Konzept der Schwammstadt.
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Oder gleich (wie bei den Nachbarn im Westen) mit Steg und Gracht am bzw. auf dem Wasser wohnen:
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"Wasserstadt Adensee: Bergkamen baut neues Quartier mit schwimmenden Häusern
(...). Bergkamen baut eine neue Wasserstadt. Auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Haus Aden am Datteln-Hamm-Kanal soll der sieben Hektar große Adensee mit Wohn- und Freizeitquartieren entstehen. Das Projekt wurde jetzt von der Bezirksregierung Arnsberg genehmigt, so dass im Mai 2016 der erste Spatenstich in Bergkamen gefeiert werden soll. Der Adensee soll "das Rückgrat für eines der anspruchsvollsten städtebaulichen Projekte in Bergkamen und der Region" sein, kündigt die Stadt Bergkamen an. Das Gewässer soll vom Datteln-Hamm-Kanal aus mit Booten von Freizeitkapitänen und Anwohnern befahrbar sein. Highlight der Siedlungen am Seeufer sollen schwimmende Wohnhäuser werden. Mit dem Adensee folgt Bergkamen dem Vorbild einiger westfälischer Städte, die mit neuen Gewässern den Strukturwandel beleben wollen. Zu den bekanntesten Beispielen zählt der Phoenixsee in Dortmund." Quelle Westfalenspiegel