Messungen zu gefährlichen Stickoxiden: Überall dicke Luft
Die Belastung mit gesundheitsgefährdendem Stickoxid ist „flächendeckend“, sagen Umweltschützer. Sie sei nicht nur auf wenige „Hotspots“ beschränkt.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will die Debatte um dicke Luft in möglichst viele Städte und Gemeinden bringen. Die Belastung durch gesundheitsgefährdendes Stickoxid, das vor allem aus Dieselmotoren stammt, könne nicht auf ein paar Städte mit ein paar Messstellen beschränkt bleiben, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch am Donnerstag in Berlin. „Wir haben in Deutschland ganz offensichtlich ein flächendeckendes Problem mit giftigem Stickstoffdioxid in unserer Atemluft“, meint Resch.
Als Beleg präsentierte er die Ergebnisse von dezentralen Messungen: An 559 zusätzlichen Messorten hat die DUH Freiwillige im Februar die Belastung mit Stickstoffdioxid messen lassen. An 67 „Hotspots“ überschritten die Werte den Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm (mg). An 181 Standorten zeigten die Geräte Werte zwischen 30 und 40 mg. Insgesamt fand die DUH an 89 Prozent ihrer Messorte Werte über 20 mg, die nach manchen Studien die Gesundheit schädigen können.
Die Umweltschützer ergänzten ihre Messungen um die Daten, die das Umweltbundesamt, der Verkehrsclub Deutschland, der Verein Green City sowie rbb und SWR gesammelt haben – und kommen auf 1.111 Orte in 426 Städten, an denen die Luft mit mehr als 20 mg belastet ist.
Ende letzten Jahres hatte die DUH mit der Aktion „Decke auf, wo Atmen krank macht“ öffentlich zur „Citizen Science“ aufgerufen. 1.700 Interessentierte hätten sich gemeldet, hieß es, um vor Ort die Belastung ihrer Atemluft zu messen.
Diese „Bürgerwissenschaft“ ist juristisch nicht verwertbar. Resch räumte auch ein, dass die DUH die Daten nicht nutzen werde, um vor Gericht Grenzwerte einzuklagen. Denn der Grenzwert von 20 mg ist bisher nicht gesetzlich fixiert. Und auch die 40 mg müssen im Mittel ein Jahr lang überschritten werden, sollen sie juristische Konsequenzen haben.
Ein vollständiges Bild
Das Umweltbundesamt weist den Vorwurf zurück, die Behörden würden zu wenige Daten liefern. „Die Messstellen der Länder liefern ein vollständiges Bild“, sagte Uta Dauert, Expertin für Luftreinhaltung. Mehr Messen sei prinzipiell gut, „ergänzt aber nur Mosaiksteinchen“.
Der DUH geht es aber um etwas anderes. Nach dem Urteil zur Zulässigkeit von Fahrverboten verengt sich die politische Debatte derzeit auf einzelne hochbelastete Hotspots. Hamburg hat angekündigt, Fahrverbote für einzelne Straßen zu erlassen. Die Bundesregierung will ihre Hilfe aus dem Programm „Saubere Luft“ von einer Milliarde Euro auf Städte konzentrieren, in denen die Grenzwerte amtlich festgestellt überschritten werden.
Mit ihrer Aktion hält die DUH politisch dagegen: Sie findet hohe Belastungen der Atemluft auch vor Kitas, Schulen und Krankenhäusern in Städten wie Alsfeld, Aschaffenburg, Gerlingen, Höchberg, Landau, Waiblingen oder Wiesloch. „99 Prozent der 11.092 Städte und Gemeinden werden von den behördlichen Messstationen nicht erfasst“, so Resch. Man wolle Druck machen, dass auch diese Städte ihre Atemluft überprüfen – „wie es zum Beispiel bei der Belastung von Wasser durch Schadstoffe schon lange der Fall ist“.
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