Merkel verzichtet auf CDU-Ehrenvorsitz: Ende einer Ehre
Angela Merkel hat den Ehrenvorsitz der CDU abgelehnt. Denn sie lässt sich keinen Status zuschreiben. Eine Mutmaßung.
Macht muss einem Spaß machen und tiefe Befriedigung verschaffen, sonst frisst sie einen auf. Entgegen dem Klischee sind die meisten Menschen eben deswegen nicht machthungrig: Sie ziehen mehr Befriedigung aus der Tatsache, im Zweifelsfall sagen zu können, nichts machen zu können, eben machtlos zu sein.
Die Ehre kann nach dem Grimmschen Wörterbuch mit der Ära in Verbindung gebracht werden. Wer geehrt wird, hat irgendeine Ära geprägt, ob nun die im Kaninchenzuchtverein oder im Kanzleramt. Solchen Ämtern vorgesessen zu sein, war Ehre genug, die Ehrung setzt erst ein, wenn der Vorsitz anderweitig vergeben und besessen ist. Das biblische „Ehre, wem Ehre gebührt“ steht im Kontext der Aufforderung zum absoluten Gehorsam gegenüber der Macht.
Indem Angela Merkel den ihr vom CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz angetragenen Ehrenvorsitz der CDU abgewiesen hat, stellt sie klar, dass mit dieser Funktion keine Macht verbunden ist; und sie lässt sich auch nicht auf die quasireligiöse Versöhnungsgeste ein, die man den Ahnen, den Toten also entgegenbringt, damit sie nicht wiederkehren und einen im Schlaf verfolgen.
Brutal aus dem Weg geräumt
Weil Merz nun also selbst an dieser Retrofront es nicht geschafft hat, für Ruhe zu sorgen, warnte er beim CDU-Parteitag am Samstag gleich mal „vor Zerstrittenheit“ (FAZ). Denn nun muss er mit Ralph Brinkhaus um den Fraktionsvorsitz im Bundestag streiten – schon haben mehr als ein Dutzend CDU-Kreisvorsitzende ihn dazu aufgefordert, Parteivorsitz und Fraktionsvorsitz sollten in einer Hand vereint sein; und im Hintergrund droht klassisch der Bayer Söder, wie es schon in der ersten Erwähnung dieses Volkes überhaupt beim spätantiken Dichter Venantius Fortunatus zur eingeschränkten Freiheit des Reisenden heißt „…wenn dann der Weg frei ist und dir nicht der Bajuware entgegentritt …“
Ob Merz in dieser Konstellation an der Macht den Spaß haben wird, den er in den letzten beiden Jahrzehnten nicht aufgehört hat, sich auszumalen, darf man bezweifeln. Horst Seehofer wurde von Söder brutal aus dem Weg geräumt, bevor er 2019 den Ehrenvorsitz der CSU übernahm.
Uli Hoeneß ist Ehrenvorsitzender des FC Bayern, obwohl er eine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung verbüßte – das eine ein Fall von Resignation, das andere einer des Triumphs. Angela Merkel hat ihre Ehre lieber für sich behalten.
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