Menschenrechte im Textilsektor: Anlaufstelle für Exportbetriebe
Deutschland will pakistanische Textilfirmen bei der Umsetzung des Lieferkettengesetzes unterstützen. Sie sollen sich an einen Helpdesk wenden können.
Schulze ist bis Ende der Woche in Pakistan, um sich einen Überblick über die Wirkung des Lieferkettengesetzes in Betrieben vor Ort zu machen. „Wir unterstützen pakistanische Exportunternehmen, für die europäische Unternehmen wichtige Abnehmer sind, die Chancen einer nachhaltigen Produktion zu ergreifen und sich als verantwortliche Produzenten im globalen Wettbewerb zu positionieren“, sagte Schulze.
Weitere Helpdesks gibt es bereits in Vietnam, Kambodscha, Tunesien, Mexiko, Serbien, Bangladesch und Türkei. Sie beraten örtliche Firmen und bieten Informationen und Trainings zu nachhaltigen und fairen Lieferketten an. Sie sollen auch bei der Aufklärung von Konfliktfällen in lokalen Produktionsbetrieben unterstützen oder Unternehmenskooperationen vernetzen, heißt es aus dem Bundesentwicklungsministerium (BMZ). Die Helpdesks sollen sich unter einander austauschen und das Netzwerk zukünftig auf weitere Länder ausgeweitet werden.
Gewerkschaften unter Druck
In Pakistan unterstützt die bundeseigene Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zudem Gewerkschaften, zum Beispiel in Form eines Kompetenzzentrums für menschenrechtliche Sorgfaltspflichten. Das wird unter anderem von der internationalen Gewerkschaft für den Dienstleistungssektor UNI Global geleitet.
Alke Boessiger, die stellvertretende Generalsekretärin von UNI Global Union, begrüßt daher die deutschen Bemühungen: „Wir haben gesehen, dass sich Deutschland für die Umsetzung des Lieferkettengesetzes einsetzt.“ Sinnvolle Sorgfaltspflicht könne es nur dann geben, wenn die Gewerkschaften mit am Tisch sitzen, betonte sie gegenüber der taz.
Gewerkschaften stehen in Pakistan meist unter erheblichem Druck, sofern sie überhaupt Zugang zu Fabriken erhalten. Die meisten Arbeitnehmer*innen sind nicht in organisierten Gewerkschaften vertreten. Nach Angaben des pakistanischen Gewerkschaftsbunds NTUF haben nur 0,5 Prozent der Beschäftigten einen Vertrag. Sie erhalten weder bezahlte Überstunden oder Urlaub, noch haben sie soziale Sicherung. Rund ein Viertel erhielte nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn, so die Gewerkschaft.
Anfang Juli etwa kündigte der Gewerkschaftsverband NTUF die Zusammenarbeit mit dem deutschen Textilunternehmen Kik auf, weil das Unternehmen nicht genug Druck auf seinen Zulieferer ausübte, um eine gewerkschaftliche Vertretung zu unterstützen. Der Kik-Lieferant hatte mit Entlassungen reagiert.
In Pakistan sind mehr als ein Drittel aller Beschäftigten im Textilsektor tätig. Es ist der wichtigste Industriezweig des Landes. Das deutsche Lieferkettengesetz gilt bereits seit 2023, allerdings nur für eine geringe Anzahl großer Unternehmen. Ab 2025 kommen mit der Umsetzung der EU-weiten Lieferkettenrichtlinie weitere Vorgaben dazu, wie etwa Klagerechte bei Verletzung von Sorgfaltspflichten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“