Mensch des Jahres beim „Time“-Magazin: Franziskus sticht Snowden aus
Hitler war's schon, Stalin und Obama sogar doppelt: Der „Mensch des Jahres“ der „Time“. Dieses Jahr würdigte die Redaktion den neuen Papst für seine Reformansätze.
NEW YORK/ROM dpa | Papst Franziskus ist für Time der „Mensch des Jahres“ 2013. Das New Yorker Magazin würdigte den „Superstar jenseits der Siebzig“ als „Volkspapst“, der die Macht für Reformen habe. „Er nahm den Namen eines bescheidenen Heiligen an und will eine Kirche der Heilung. Der erste Nichteuropäer als Papst in 1.200 Jahren hat die Kraft, die Welt zu verändern“, begründete das Magazin seine Entscheidung.
Time wählt seit 1927 den „Menschen des Jahres“. Dabei geht es um die einflussreichste Person der vergangenen zwölf Monate – nicht nur im positiven Sinne. So erklärt sich auch die „Shortlist“ der letzten fünf Kandidaten. Neben dem Informanten Edward Snowden, der Homosexuellenaktivistin Edith Windsor und dem konservativen US-Senator Ted Cruz stand auch Syriens Machthaber Baschar al-Assad darauf.
Franziskus sei ein Signal des Wandels, schreibt Time – auch wenn er letztlich die gleichen Antworten auf die unbequemen Fragen gibt. Er habe aber die Kraft, eine neue Beziehung zwischen der Kirche und ihren Kritikern zu schaffen. Und er habe neue Worte, eine neue Stimme des Vatikans gefunden und so die Möglichkeit geschaffen, neues Vertrauen zu gewinnen.
Papst-Sprecher Federico Lombardi bewertete es in Rom als „positives Zeichen, dass eine der wichtigsten Auszeichnungen im Bereich der internationalen Presse an den geht, der in der Welt spirituelle, religiöse und moralische Werte verkündet und der wirkungsvoll für den Frieden und mehr Gerechtigkeit eintritt“.
Der erste war Lindbergh
Franziskus wird nun auf dem Titelbild der nächsten Ausgabe landen, genau so wie vor einem Jahr US-Präsident Barack Obama. 1927 kürte Time zunächst den „Mann des Jahres“ – als Erster war das damals Atlantikflieger Charles Lindbergh. Bei der Auswahl soll nicht der beste, sondern der einflussreichste Mensch gewürdigt werden – deshalb wurde 1938 Adolf Hitler gekürt, Josef Stalin später sogar zweimal. Im vergangenen Jahr wurde Barack Obama nach 2008 zum zweiten Mal „Mensch des Jahres“.
Wie in den vergangenen Jahren auch gab es 2013 wieder eine Internetabstimmung um den Titel. Die gewann mit mehr als einem Viertel der Stimmen der ägyptische Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi vor dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan und US-Popstar Miley Cyrus.
Allerdings war das nicht repräsentativ – aus keinem Land kamen so viele Stimmen wie aus Ägypten – und nicht bindend: Die Time-Redaktion behält sich vor, letztlich den „Menschen des Jahres“ selbst zu bestimmen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?