Meinungsfreiheit in Spanien: Königsbild abfackeln ist erlaubt
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist die Strafe für zwei Katalanen, die ein Foto des Königs verbrannten, unzulässig.

Spaniens ehemaliger König Juan Carlos im Kreise seiner Lieben Foto: reuters
MADRID taz | Bilder des spanischen Königspaares zu verbrennen, ist kein Verbrechen, sondern von der Meinungsfreiheit geschützt. Das entschied am Dienstag der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Dieser gab damit einer Klage von Enric Stern, 29, und Jaume Roura, 40, gegen den spanischen Staat statt.
Die beiden Männer aus Katalonien waren 2008 vom spanischen Sondergerichtshof Audiencia Nacional zu 15 Monaten Haft oder 2.700 Euro Bußgeld verurteilt worden. Ein Widerspruch vor dem Verfassungsgericht blieb erfolglos. Daraufhin zogen die beiden nach Straßburg. Spanien muss den Männern nun das Bußgeld zurückerstatten, 9.000 Euro Entschädigung bezahlen sowie die entstandenen Ausgaben übernehmen.
Das, was die spanische Justiz als „Beleidigung der Krone“ ansah, fand 2007 statt: Stern und Roura nahmen an einer Demonstration anlässlich eines Besuchs des damaligen Königs Juan Carlos I. und seiner Gemahlin Sofia in der katalanischen Stadt Girona teil. Dabei wurden Parolen für die Unabhängigkeit Kataloniens und gegen die Monarchie laut. Einige Demonstranten, darunter Stern und Roura, verbrannten einen Karton mit einem Plakat des Königspaars.
Sowohl unter den Richtern der Audiencia Nacional als auch denen des spanischen Verfassungsgerichts hatte der Fall heftige Debatten über die Grenzen der Meinungsfreiheit ausgelöst. In beiden Fällen setzten sich diejenigen durch, die im Verhalten der Männer eine Straftat sahen.
Die öffentliche Verbrennung der Monarchen-Porträts sei nicht nur eine Beleidigung, sondern auch ein „Zeichen des Hasses“, heißt es im Verfassungsgerichtsurteil, das sieben von elf Richtern unterzeichneten. Der Vorgang drücke „in einer nur schwer zu übertreffenden Form“ aus, dass die Monarchen „Ausschluss und Hass verdienen“.
Rapper und Twitteraktivisten im Visier
Doch das verstößt nach Ansicht der Straßburger Richter gegen den Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention. „Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben“, steht dort zu lesen.
Die Diskussion über die Meinungsfreiheit in Spanien geht derweil weiter. Dutzende von Rappern und Twitteraktivisten sind wegen „Beleidigung der Krone“ sowie wegen „Verherrlichung des Terrorismus“ angeklagt. Erst im Februar wurde der Rapper Valtònyc zu dreieinhalb Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt, weil er gegen Polizei, Monarchie und korrupte Politiker anrappte.
Leser*innenkommentare
Tobias Claren
Wir sollten das Gleiche machen, und ein Video davon auf YouTube hochladen...
Als Streisand-Effekt.
Könnte man als "Challenge" aufziehen.
Wer verunglimpft den König am besten.
Auch mit den Herren aus Thailand, der Türkei und Russland...
Ja, Thailand... Soll er die Strafbarkeit von Majestätsbeleidigung abschaffen, UND dem Pöbel klarmachen dass sie Mayestätsbeleidiger und Kritiker in Ruhe zu lassen haben.
Und der Polizei dass sie das Pack dass so einen durch die Straßen jagt, festzunehmen und Anzeigen zu erstatten haben.
Sowie den Staatsanwälten und Richtern dass sie Anklage zu erheben und zu verurteilen zu haben.
60440 (Profil gelöscht)
Gast
Gut, dass es Europa und entsprechende Gerichte gibt. Kein Grund also Europa zu verlassen, wie es die kakaphonischen Chauvinsten planen ...
Kunz
Spanien sinkt allmählich auf das Niveau des Erdogan-Staats. Die katalanische Stadt Calella hatte mit einer Lichterkette beleuchtete gelbe Schleife, das Zeichen der Solidarität mit den inhaftierten Unabhängigkeitsbefürwortern, an der Fassade des Rathauses angebracht. Ein Richter bewertete den Stromverbrauch als Veruntreuung von Steuergeld und schickte der Stadt die Guardia Civil ins Haus. http://www.radiocalella.cat/la-guardia-civil-investiga-els-llacos-grocs-de-lenllumenat-nadalenc/
Aepfelchen
Wenn es darum geht, Macht zu erhalten wird eine erstaunliche Menge an kreativem Potenzial freigelegt...
Wegen ner Lichterkette von veruntreuten Geldern zu sprechen. Da muss man auch erst mal drauf kommen.
j_ein
Dass es heutzutage noch Monarchien gibt...Artikel wie der obige bestätigen mir, dass es keine Monarchien mehr geben sollte. "Beleidigung gegen die Krone", sowas Lächerliches. Scheiß auf die Krone! Überall auf der Welt!
Für mich sind alle Menschen, die mit Stolz behaupten, Teil von Adelsfamilien oderMonarchien zu sein, schlicht Witzfiguren. Sie sind zufällig da hineingeboren und Menschen wie alle anderen. Dass allerdings Staaten monarchische Strukturen derart schützen, ist, gelinde gesagt, Mist!
nischu
@j_ein Ganz meiner Meinung: die Moanrchie ist ein übeflüsigr Zopf aus vergangenen Zeiten. In Spanien, wurdedie Monarchie zweimal aufgelöst und durch eine Republik erstzt. Ausgerechnet der Faschist Franco wählte zu senem Nachfoger Juan Carlos !, den Enkel des geschassten Königs Alfonso XIII. Felipe VI hat sich ganz klar auf die Seite der Rechtsradikalen des PP geschlagen und sich damit für Katalonien unakzeptabel gemacht.