piwik no script img

Meinungs- und Pressefreiheit in TansaniaFeldzug gegen kritische Stimmen

Nach seiner Wahl 2015 ließ sich Tansanias Präsident John Magufuli als Mann des Volkes bejubeln. Heute gilt er als zunehmend diktatorisch.

Tansanias Präsident John Magufuli bei einem Besuch in Kenia im Jahr 2016 Foto: reuters

Daressalam taz | Als John Magufuli im November 2015 Präsident Tansanias wurde, galt er als Liebling der Medien und Reformer. Heute geht er selbst hart gegen die Medien vor.

Umstritten sind Direktiven, die alle Journalisten, Blogger, Webseiten- und Internetforenbetreiber zur staatlichen Registrierung zwingen. Die Registrierungsgebühr beträgt 484 US-Dollar, danach sind 440 US-Dollar fällig – die Hälfte des jährlichen Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukts. Nichteinhaltung wird mit Gefängnis von bis zu einem Jahr und Geldstrafe von bis zu 2.200 US-Dollar geahndet.

Die Regeln verhindern Anonymität im Netz: Webseitenbetreiber müssen „Identifizierungsmechanismen“ für alle Nutzer nachweisen, Internetcafés müssen ihre Kundendaten für 12 Monate speichern. Die Regulierungsbehörde darf Webseiten mit „verbotenen Inhalten“ sperren – die Definition davon umfasst auch „Ärger verursachende“ Inhalte.

Rund 50 Betreiber haben sich nach Angaben der Regulierungsbehörde TCRA bereits registriert, aber andere haben aus Vorsicht bereits teilweise dichtgemacht. Einer ist „Jamii Forums“, das von manchen als eine Swahili-Version von Wikileaks gesehen wird. Jamii hatte zusammen mit Bürgerrechtsgruppen gegen die neuen Direktiven geklagt und damit ihr Inkrafttreten im Mai zunächst verhindert.

Prozesse wegen Whistleblowern

Aber am 27. Mai wurde die Klage abgewiesen: Die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass sie betroffen seien, so die Richter. Jamii Forums wurde bereits in der Vergangenheit wegen „Behinderung der Justiz“ verurteilt, weil Whistleblower dort veröffentlichen durften; mehrere Prozesse in dieser Angelegenheit laufen noch.

Die Medienrechtsgruppe CPJ (Committee to Protect Journalsits) hat die Direktiven als „gegen die demokratischen Zielsetzungen Tansanias gerichtet“ kritisiert und ihre Annullierung gefordert. Es sei unter Magufuli eine zunehmende Einschränkung der Pressefreiheit zu beobachten, so CPJ.

Im vergangenen November unterschrieb Magufuli ein neues Mediengesetz. Zeitungen wurden seitdem geschlossen, Fernsehsender mit hohen Geldstrafen belegt und der Investigativjournalist Azory Gwanda ist seit November verschwunden, als vier Männer ihn in seiner Heimatstadt Kibiti mit dem Auto mitnahmen. Im März nahm die Poliziei in der Stadt Dodoma einen Fahrer und einen Bauern fest und beschuldigte sie, im Internet zu Demonstrationen gegen Magufuli aufgerufen zu haben.

Magufuli, der Straßenfeger

Auch die politische Opposition hat es zunehmend schwer. Zwei Oppositionsführer, Joseph Mbiliyini und Emmanuel Masonga, sind dieses Jahr wegen „Beleidigung des Präsidenten“ zu fünf Monaten Haft verurteilt worden. Oppositionskundgebungen sind für den Rest der bis 2020 laufenden Legislaturperiode verboten.

Magufuli hatte sich 2015 als Mann des Volkes und Anpacker wählen lassen – „Bulldozer“ nannte man ihn im Wahlkampf, aus seinen Zeiten als Arbeitsminister. Nach seiner Amtseinführung ersetzte er die Unabhängigkeitsfeierlichkeiten durch ein Großreinemachen, machte beim Straßen fegen mit und fuhr danach mit dem Fahrrad nach Hause – die Bürger jubelten. Aber inzwischen gilt der Präsident als zunehmend diktatorisch.

Als Informationsminister Nape Nnauye kritisierte, dass der Verwaltungschef der Hauptstadt Daressalam einen privaten Radiosender von Bewaffneten besetzen ließ, wurde er entlassen. Gefeuert wurden zwei hohe Beamte, die auf Anhieb nicht sagen konnten, wie hoch ihre jeweiligen Budgets waren. Kommentatoren fragen sich jetzt, ob Magufuli sich nicht immer mehr Feinde macht – auch in Tansanias Regierungspartei CCM (Partei der Revolution).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!