piwik no script img

Mehr umweltfreundliche MobilitätMit Chauffeur und E-Van zum Arzt

Taxi-Alternativen wie Uber oder Clevershuttle haben es bislang schwer. Das ändert sich nun. Feste Fahrpreise fürs Taxi sollen wegfallen.

Fahrzeuge der Bahntochter Clevershuttle Foto: Andreas Gora/imago

Berlin taz | Es ist ein Baustein zur Modernisierung der Verkehrswelt. Wer auf dem Land wohnt, nicht selbst Auto fahren kann und zum Arzt muss, wenn die Praxis 15 Kilometer entfernt ist, hat kaum eine Wahl. Fährt der Bus nur zweimal am Tag, bleibt oft nur eines: Taxi rufen.

Künftig soll es Alternativen geben – und mehr neue Mobilitätsanbieter, die etwa mit Kleinbussen oder auch mit dem Pkw Personen transportieren. Das soll die Modernisierung des Personenbeförderungsgesetzes ermöglichen. Die schwarz-rote Koalition hat sich jetzt in einem Papier auf die entscheidenden Eckpunkte dafür geeinigt. Damit ist ein langer Streit beendet.

Die Taxi-Alternativen versuchen schon lange sich zu eta­blie­ren, bisher kommen sie aber allenfalls in Städten voran. Oft stecken große Unternehmen dahinter. Berühmt ist der US-Riese Uber, der Fahrten mit Chauffeur in Pkws vermittelt. Das ist das eine. Das andere: die Neuerfindung der Sammelbullis, Experten sprechen von „Pooling-Diensten“.

Das macht etwa die Deutsche Bahn mit ihrem Angebot Clevershuttle. Oder der VW-Ableger Moia, der in Hamburg Elektrovans losschickt. In Berlin fährt der „Berl-König“, in München der „Isar-Tiger“. Das Prinzip jeweils: Die Kunden melden sich über eine App auf ihrem Handy, werden abgeholt und dorthin gebracht, wohin sie wollen. Sie müssen nur damit rechnen, dass noch andere neben ihnen sitzen, sie auch mal einen kleinen Umweg fahren, um einen weiteren Gast mitzunehmen, dessen Weg im Grunde auf der Strecke liegt. So teilen sich mehrere Fahrgäste ein Taxi, und der Preis wird quasi unschlagbar.

Taxibranche fühlt sich unter Druck gesetzt

Die Bundesregierung machte es den neuen Anbietern lange Zeit allerdings nicht leicht – sie sind derzeit meist nur mit befristeten Ausnahmeregelungen unterwegs. Der Hintergrund: Sie können zwar eine Ergänzung zu Bussen, Bahnen, Taxen sein, vor allem für Letztere sind sie aber auch eine Konkurrenz. TaxifahrerInnen sind darum schon mehrfach auf die Straße gegangen und haben ihren Unmut – besonders über Uber – immer wieder geäußert.

Die klassische Taxibranche fühlt sich durch die neuen Anbieter unter Druck gesetzt. Dabei kommt sie sowieso schon schwer über die Runden. Für Taxis gelten, anders als für die taxiähnlichen Mietwagen oder Vans, strenge Regeln: Die Fahrpreise sind nicht frei kalkulierbar. Da Taxis Teil des öffentlichen Nahverkehrs sind, gelten für sie verbindliche kommunale Taxitarife, egal ob sie an Silvester fahren oder an einem öden Wochentag. Die Fahrer brauchen eine Ortskundeprüfung.Sie müssen alle Fahrgäste transportieren, auch wenn die Strecke kurz und wenig lukrativ ist.

„Sowohl der Taxi- wie auch der Mietwagenbetrieb soll von regulatorischen Entlastungen profitieren“, nahmen sich CDU, CSU und SPD in ihrem Koali­tions­vertrag vor. Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange (CSU) sagte es nun so: „Das gute alte Personenbeförderungsrecht bekommt ein Digital-Update.“ Es liege ein ausgewogener Kompromiss für moderne Mobilitätsangebote in der Stadt und gerade auch auf dem Land auf dem Tisch.

Die entscheidenden Punkte erklärt Andreas Knie. Er ist einer der führenden Mobilitätsforscher in Deutschland und leitet die Forschungsgruppe „Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung“ am Wissenschaftszentrum Berlin (WZB). Als Punkt eins nennt er: „Mit der Reform sollen die neuen Anbieter dauerhaft erlaubt werden.“

Rückkehrpflicht ist umstritten

Zweite wichtige Neuerung: „Für die klassischen Taxen können Preiskorridore festgelegt werden – mit Ober- und Untergrenzen.“ Dritter Punkt: „Die Kannibalisierung der Taxibranche durch Uber wird es nicht geben.“ Denn taxiähnliche Mietwagen müssten auch in Zukunft, damit sie von klassischen Taxen abgegrenzt werden können, nach jedem Beförderungsauftrag zum Betriebssitz zurückkehren. Sie dürften, anders als die Taxen, nicht auf der Straße auf zufällige Kunden warten.

Diese Rückkehrpflicht ist umstritten. Die Regierung wollte sie ursprünglich aufheben, um den Neulingen Leerfahrten zu ersparen. Für Uber ist sie ein Rückschlag. Die modernen Sammeltaxen, die sich mehrere Personen teilen, die ein ähnliches Ziel haben, dürfen indes noch hoffen: Ob für sie die Rückkehrpflicht gelten wird, werde noch verhandelt, so Knie. Der Professor ist froh über die Reform.

Knie sagt: „Es ist noch nicht die Verkehrswende, aber nach langem Stillstand bewegt sich was. Auf das private Auto wird sich leichter verzichten lassen, neue kostengünstige und umweltfreundliche Mobilitätsangebote werden kommen.“ Bis Ende des Jahres will die Koalition die Regeln rechtlich festzurren. Da liege „schon noch ein langer Weg“ vor ihnen, so CSU-Bundesverkehrsminister An­dre­as Scheuer. SPD-Fraktionsvize Sören Bartol meinte, der Teufel stecke im Detail.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Uber und seinepremären Fahrer werden mit dem Deckmantel der Sammeltaxis behängt und grün angemalt.

    Moderne Mobilität, die auf Ausbeutung wie in Schlachthäusern, etc. beruht.

  • 6G
    68514 (Profil gelöscht)

    CS, Uber & Co. ersetzen aber definitiv nicht den ÖPNV. Das sollte allen bewußt sein. Auch bin ich mir nicht sicher, ob immer die Fahrtwünsche erfüllt werden können. Wir haben es hier mit Privatwirtschaft zu tun. Da ist niemand verpflichtet zu fahren. Bei einem ÖPNV-Angebot, welches über die Kommunen und Landkreise oranisiert wird, sieht es schon anders aus. Für die Mobilität im ländlichen Raum muß man sich also auch an anderen Fronten Gedanken machen. CS, Uber & Co.... alles schön und gut, aber ÖPNV auf den Dörfern istt trotzdem nötig, und sei es über Rufbusse, die aber nicht nur Montags bis Freitags bestellbar sein dürfen, wie mancherorts üblich, und das auch nur zwischen 6 und 18 Uhr. Auch solche Angebote müssen flexibler und zugänglicher werden.

  • "der Teufel stecke im Detail."



    So ist es. Oder warum wird nicht in guter schreiberischer Tradition, am Ende des Artikels der Anfang wieder aufgegriffen? Weil diese Mobilitätplanung für die Leute, die 15km zum Arzt gefahren werden müssen/wollen, ein Traum bleibt. Traum insofern, als das sich kaum etwas an den jetzigen Verhältnissen und Kosten ändern wird, solange ein Mobilitätsanbieter nicht mit im Ort wohnt.

    • @fly:

      Da könnten Sie recht haben.