Mehr Schwerbehinderte arbeitslos: Covid killt Inklusion
Vom Aufschwung am Arbeitsmarkt profitieren Menschen mit Behinderung kaum. Besonders drastisch ist die Situation in Hamburg.
Besonders deutlich betroffen ist Hamburg: Um 15 Prozent ist die Arbeitslosigkeit unter Schwerbehinderten im Stadtstaat gestiegen, im Land Bremen sind es dagegen nur 1,5 Prozent. Eine Erklärung für den besonders hohen Anstieg in Hamburg gibt es von der Landesbehindertenbeauftragten noch nicht. Auch bei der Hamburger Arbeitsassistenz, die als Mittlerin zwischen Betrieben und erwerbsfähigen Behinderten agiert, kann man über die Ursachen nur spekulieren: Eventuell hätten dort besonders viele Inklusionsbetriebe ihr Angebot eingeschränkt. „Dass Leute entlassen wurden, ist mir dagegen nicht bekannt“, so Geschäftsführer Helmut Jünger.
Tatsächlich zeigen die Zahlen für Gesamtdeutschland, dass der Anstieg der Arbeitslosenzahlen nur zu etwa vier Prozent auf Kündigungen zurückzuführen ist – Arbeitnehmer mit Schwerbehindertenstatus genießen besondere Schutzrechte und können nur schwer entlassen werden.
Fortschritte zunichte gemacht
Auch deshalb waren noch 2020 Schwerbehinderte weniger stark von den Folgen der Pandemie betroffen als andere Arbeitnehmer*innen. Doch der Arbeitsmarkt für Behinderte gilt als wenig dynamisch – und konnte vom Aufschwung 2021 nicht im gleichen Maße profitieren. Bert Rürup vom Handelsblatt Research Institute, das das Inklusionsbarometer für die Aktion Mensch jährlich erstellt, mahnt gar, mit der Pandemie seien alle seit 2016 „erreichten Fortschritte zunichte gemacht“.
Etwa 10 Millionen Deutsche sind schwerbehindert, aber nur gut 1,4 Millionen werden in der Statistik als erwerbsfähig eingestuft. Die Zahlen des Inklusionsberichts beleuchten also nur den verhältnismäßig kleinen Anteil der Behinderten, die um Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt konkurrieren.
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