Mehr Rechte für russischen Geheimdienst: Daten ohne Schutz
In Russland darf die gesamte Kommunikation im Internet kontrolliert werden. Die Regierungspartei sagt, Nutzer anständiger Seiten bräuchten nichts zu befürchten.
MOSKAU dpa | Der russische Inlandsgeheimdienst FSB erhält völligen Zugriff auf die Internet- und Telefonverbindungen. Der FSB könne vom 1. Juli 2014 an alle IP- und Telefonnummern sowie Email-Adressen kontrollieren und zudem Daten aus sozialen Netzwerken, Internettelefonaten und Chats abgreifen, berichtete die Moskauer Zeitung Kommersant. Präsident Wladimir Putin war einst selbst Geheimdienstchef.
Die Opposition wirft dem früheren KGB-Offizier vor, einen Überwachungsstaat nach sowjetischem Vorbild errichten zu wollen. Er hatte den Geheimdienst mit immer neuen Kompetenzen ausgestattet. Zudem wurden die Gehälter der Führungsebene deutlich erhöht. FSB-Chef Alexander Bortnikow soll künftig soviel verdienen wie der französische Präsident.
Telekommunikationsanbieter kritisierten das Vorhaben als Verstoß gegen die Verfassung. Das zuständige Kommunikationsministerium teilte hingegen mit, es gebe keine grundlegenden Änderungen an der bestehenden Gesetzgebung.
Bereits seit 2008 müssten Anbieter alle Daten speichern, die dann in den Rechnerverbund Sorm eingespeist würden, zitierte die Agentur Itar-Tass einen namentlich nicht genannten Ministeriumsmitarbeiter. Parlamentarier und kremlnahe Experten betonten, es gebe keinen Anlass zur Besorgnis. Die neue Initiative diene der Sicherheit des Landes.
Kein Internetnutzer habe etwas zu befürchten, falls er „anständige und normale“ Seiten aufrufe, sagte der Abgeordnete Alexander Chinschtejn von der Regierungspartei Geeintes Russland. Bisher war es im Riesenreich so, dass die Daten nur auf Anforderung herausgegeben werden müssten.
Dem Parlament liegt zudem ein Gesetzentwurf vor, nach dem der Geheimdienst auf der Suche nach Organisatoren von Cyberattacken sowie terroristischen und extremistischen Gruppen soziale Netzwerke nutzen darf. Des weiteren plant der FSB nach Angaben des Geheimdienstexperten Andrej Soldatow bereits bei den Olympischen Winterspielen 2014 im russischen Schwarzmeerort Sotschi, die Kommunikation von Athleten und Zuschauern komplett zu überwachen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“