Mega-Projekt in Hamburg: Bahn frei für Neue Mitte Altona
Die Bahn will den Kopfbahnhof von Hamburg-Altona verlegen. Mit den Bürgern will sie einen ausführlichen Dialog führen.
Die Deutsche Bahn hat am Dienstag beschlossen, den Fernbahnhof Altona an den Diebsteich zu verlegen, der S-Bahnhof soll indes erhalten bleiben. Damit wird der Weg frei für Hamburgs zweitgrößtes Stadtentwicklungsprojekt: die Neue Mitte Altona mit rund 3.600 Wohnungen. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) mit Volker Kefer, im Bahnvorstand zuständig für Infrastrukturfragen.
Der neue Fernbahnhof am Diebsteich soll mit sechs Fernbahngleisen und zwei S-Bahn-Gleisen deutlich größer werden als bislang geplant. Dadurch soll auch der Hauptbahnhof von Zügen Richtung Norden entlastet werden. Das Planfeststellungsverfahren soll im kommenden Jahr beginnen und 2023 der neue Bahnhof an der Waidmannstraße in Betrieb gehen.
Damit würde die Bahn, die Kopfbahnhöfe wie Altona für nicht mehr zeitgemäß und ineffektiv hält, „eine moderne und leistungsfähige Infrastruktur schaffen“, sagte Kefer. Über die Einzelheiten der Gestaltung des Bahnhofs und die Entwicklung des Umfelds solle ein ausführlicher Dialog mit der Öffentlichkeit geführt werden. Zu den Kosten des Projekts schwieg Kefer.
Auf den fast 17 Hektar, die durch die Entscheidung der Bahn nun frei werden, können 1.900 Wohnungen gebaut werden. Die Stadt will das Grundstück zum 30. Juni 2015 für 38,8 Millionen Euro von der Bahn kaufen und dieser bis zur Verlagerung des Fernbahnhofs zur Verfügung stellen. „Mit dem Kauf des Grundstücks können wir unser Wohnungsbauprogramm für Hamburg fortführen“, freute sich Bürgermeister Scholz. Es werde „im Herzen von Altona ein Stadtquartier mit hoher Lebensqualität entstehen, das neuen Raum für Wohnen, Arbeiten und Freizeit bietet“.
Das nach der Hafencity zweitgrößte Stadtentwicklungsprojekt Hamburgs umfasst 30 Hektar.
Fläche: Nördlich des Bahnhof Altona zwischen den S-Bahn-Gleisen und der Harkortstraße bis zur Stresemannstraße.
Etappe I: Die erste Tranche auf einer Brachfläche an der Harkortstraße wird derzeit baureif gemacht. Hier sollen etwa 1.600 Wohnungen entstehen.
Etappe II: Nach Verlagerung des Bahnhofs Altona und der Entfernung der Fernbahngleise wird eine zweite sichelförmige Tranche von 17 Hektar frei. Hier können weitere 2.000 Wohnungen entstehen.
Planung: Die Stadt hat festgelegt, dass das Quartier Kleingewerbe, Kitas, eine Schule und einen Park enthalten soll.
Weniger begeistert über den Kauf äußert sich Altonaer Bauausschussvorsitzende und Linkspartei-Fraktionschef Robert Jarowoy. Er kritisiert, dass die Stadt ein Gelände, das früher einmal der öffentlichen Hand, nämlich der Stadt Altona, gehörte und der Bahn kostenlos zur Verfügung gestellt wurde, nun zurückkauft und der Bahn abermals kostenlos zur Verfügung stellt. Jarowoy vermutet, dass so die Kosten für die Beseitigung der Altlasten auf die SteuerzahlerInnen übertragen werden; dies sei „eine Schweinerei“.
Olaf Duge, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen, begrüßte dagegen die Entscheidungen von Bahn und Stadt und sprach von einer „ausgesprochen guten Nachricht für Altona“. Die Entscheidung, den Bahnhof zu verlegen, sei lange überfällig gewesen. Die Grünen hatten diese als Voraussetzung für einen Bebauungsplan eingefordert, um bei der Planung des Wohngebiets auch den erforderlichen Lärmschutz umzusetzen.
Bereits im April begannen die Abrissarbeiten für den ersten 13 Hektar großen Bauabschnitt an der Harkortstraße. Weil die Bahn die Entscheidung über den Umzug immer wieder verschoben hatte, der Senat aber schnell Wohnungen bauen lassen will, trennte die Stadt das Gelände in verschiedene Bauabschnitte. Kritiker bemängelten, dass die Stadt unnötig Zeitdruck mache und stattdessen die für eine ausgewogene Planung wichtigen Gutachten abwarten solle.
Ende Dezember hatte sich der Senat mit den Grundstückseigentümern ECE, Aurelis und Panta 112 in einem städtebaulichen Vertrag auf die Eckpfeiler des ersten Bauabschnitts geeinigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht