Mega-Kunstprojekt DAU in Berlin: Für die Mauer wird es eng
Der Bezirk Mitte hält ein Scheitern des Kunstprojekts für möglich: Die Zeit für die Genehmigung sei sehr knapp. Der Senat bietet Unterstützung an.
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Eigentlich soll schon am 12. Oktober in Mitte die Mauer wieder stehen. Doch weniger als fünf Wochen vor der geplanten Eröffnung hat das Kunstprojekt DAU noch keine Aussicht auf Genehmigung durch den Bezirk. Die Initiatoren um den russischen Filmemacher Ilya Khrzhanovsky reduzierten deswegen dessen Größe und haben Mitte vergangener Woche einen neuen Antrag eingereicht.
Trotzdem schwinden die Chancen auf eine Realisierung, da die Prüfung des Antrags nach Auskunft des Bezirks sehr umfangreich und die Frist sehr kurz sei. Zudem stünden weitere Großveranstaltungen, darunter das dreitägige Fest zur Einheit, im Bezirk ebenfalls unmittelbar bevor.
Für die baugleiche Rekonstruktion der früheren Berliner Mauer sollte ein Karree ausgehend von Unter den Linden abgeriegelt werden. Dahinter wollen die Initiatoren ein diktatorisches System nachspielen, bei dem Besucher unter anderem die Erfahrung von Freiheitsverlust machen können. Den Plänen zufolge müssen Gäste dazu ein Visum beantragen und ihr Handy abgeben. Bis zu 3.000 Gäste täglich sind möglich.
Regierender will das Projekt
Bei DAU handelt es sich um eine Trilogie, die in Berlin unter dem Titel "Freiheit" laufen solle. Ein zweiter Teil unter dem Titel "Gleichheit" soll dann in Paris und ein dritter Teil "Brüderlichkeit" in London folgen. "DAU" geht auf ein europäisches Film- und Performanceprojekt unter Leitung des russischen Regisseurs Ilya Khrzhanovsky zurück. Seien Ursprung hat das Kunstprojekt im ukrainischen Charkiw, wo der Physiker und Nobelpreisträger Lev Landau (1908-1968) lebte und arbeitete. (epd)
Am 9. November – dem historischen Tag des Mauerfalls – soll die temporäre Berliner Mauer in einer Performance eingerissen werden. Der Senat – namentlich der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und der Kultursenator Klaus Lederer (Linke) – unterstützt das Projekt, ebenso wie das Medienboard Berlin-Brandenburg und die Berliner Festspiele.
Der überarbeitete Entwurf sehe vor, dass die Hedwigskathedrale, Teile des Bebelplatzes und der Berliner Dom nicht mehr in den Bereich der Diktatur 2.0 fallen, teilte Mittes Bezirksstadträtin für Kultur, Straßen und Umwelt, Sabine Weißler (Grüne), am Freitag mit. Sie kritisierte, wie das Projekt umgesetzt werden soll: „Wenn es scheitert, dann scheitert es daran, dass dieses Projekt hier einfach reingedrückt wurde.“ Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) erklärte: „Man denkt, wenn man die Fläche halbiert, gäbe es auch halb so viel Probleme.“ Teilweise sei aber das Gegenteil der Fall.
Das Genehmigungsverfahren verzögert sich offenbar auch dadurch, dass die Macher nicht ihren früheren Antrag von Mitte August ergänzt, sondern einen neuen Antrag eingereicht haben. Zahlreiche weitere Behörden müssen dafür ihre Zustimmung geben, unter anderem auch die dem Senat unterstehende Verkehrslenkung. Von Dassel hat aufgrund der knappen Zeit dem Regierenden Bürgermeister vorgeschlagen, das Kunstprojekt auf kommendes Jahr zu verschieben. Vergeblich, wie Mittes Bürgermeister am Freitag mitteilte: Michael Müller habe darum gebeten, es „hinzukriegen“.
In Senatskreisen hieß es am Wochenende, wenn der Bezirk bei dem Genehmigungsverfahren Unterstützung brauche, solle er möglichst konkret den Bedarf anmelden. Dann ließe sich darüber reden.
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