Meduza-Auswahl 24. – 30. April: Im Cybertruck durch Tschetschenien
Tschetscheniens Machthaber Kadyrow besitzt einen Tesla Cybertruck mit aufmontiertem Maschinengewehr. Wie kam das Auto trotz Sanktionen von Kalifornien nach Russland?

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.
In der Zeit vom 24. bis 30. April 2025 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:
Russia Today ist weiter global aktiv: Wie das funktioniert
Seitdem Russland im Februar 2022 die gesamte Ukraine angegriffen hat, gehen Europa und die USA gegen das kremlnahe Medium Russia Today (RT)vor: In der EU wurde RT vollständig verboten, der Sender als Teil der russischen „hybriden Kriegsführung“ eingestuft. In den USA nahmen die Kabelanbieter RT aus ihrem Programm, in den sozialen Medien wurden RT-Konten gesperrt, die Regierung verhängte nach und nach Sanktionen und Strafanzeigen gegen RT-Mitarbeiter.
Eine neue Recherche von Novaya Gazeta Europe enthüllt nun jedoch: Russia Today hat ein Netzwerk von Projekten aufgebaut, mit denen diese Hindernisse umgangen und weiterhin westliche Zuschauer erreicht werden. Und dabei setzen sie vor allem auf die Vereinigten Arabischen Emirate. Meduza fasst die Ergebnisse der Recherche auf Englisch zusammen.
Ein Beispiel daraus: Die Video-Nachrichtenagentur Ruptly, ein RT-Projekt, saß einst in Deutschland. Vor Februar 2022 hatte Ruptly weltweit Korrespondenten, das Filmmaterial der Agentur erschien in renommierten internationalen Medien – obwohl es Beweise dafür gab, dass die Agentur an der Verbreitung von Geschichten im Sinne der Kreml-Propaganda beteiligt war. Nach den EU-Sanktionen gegen Ruptly im März 2022 wurde das Portal in Deutschland rechtlich abgewickelt. Die ehemalige Ruptly-Direktorin Dinara Toktosunova tauchte dann aber in Abu Dhabi wieder auf – und ist dort nun mit der Videoplattform Viory verbunden. Diese verkauft wieder Videomaterial, das von freien Mitarbeitern der Agentur auf der ganzen Welt produziert wurde.
Wie starb der Wehrdienstleistende Kirill Poluyanov?
Im Frühjahr 2024 wurde ein 20-jähriger russischer Wehrdienstleistender namens Kirill Poluyanov in einem Wald in der Nähe einer Militärbasis außerhalb der sibirischen Stadt Ulan-Ude erhängt aufgefunden. Die Militärpolizei und Ermittler behaupten, er habe sich das Leben genommen. Doch Kirills Mutter, Anastasia Poluyanova, ist überzeugt, dass ihr Sohn von seinen Kameraden getötet wurde. Einer von ihnen habe ihr erzählt, dass Kirill von den anderen Soldaten brutal schikaniert und erpresst worden sei – und dass Schikanen in der Kaserne weit verbreitet seien.
Unabhängige forensische Experten haben ebenfalls Zweifel an der offiziellen Darstellung seines Todes geäußert. Journalisten des Mediums People of Baikal sprachen mit Anastasia über ihre Bemühungen, die Wahrheit über den Tod ihres Sohnes aufzudecken. Meduza veröffentlicht eine gekürzte Übersetzung ihres Artikels auf Englisch.
Ramsan Kadyrow und sein Tesla-Cybertruck
Eigentlich sollten keine US-amerikanischen Luxusautos im Wert von über 50.000 US-Dollar mehr ihren Weg nach Russland finden können – so bestimmen es zumindest US-Sanktionen. Und doch gibt es Bildmaterial, das den Machthaber Tschetscheniens, Ramsan Kadyrow, im August 2024 in Grosny am Steuer eines brandneuen Tesla Cybertruck zeigt – auf dessen Dach auch noch ein Maschinengewehr montiert ist. Das Medium Novaya Gazeta Europe verfolgt die Reise des Trucks vom Tesla-Hauptsitz in Palo Alto, Kalifornien, über den US-Bundesstaat Georgia und das zentralasiatische Kasachstan bis auf die Straßen Tschetscheniens. Meduza veröffentlicht eine englische Version des Berichts.
Dazu kommt noch: Kadyrow behauptet, der Cybertruck sei ein persönliches Geschenk von Tesla-CEO Elon Musk. Und bedankt sich direkt bei dem umstrittenen Milliardär.
Viele Russen sind zufriedener als vor 2022. Warum das so ist
Trotz der enormen Militärausgaben, Zehntausenden von Toten und einer Vielzahl internationaler Sanktionen scheint die Zufriedenheit der Russinnen und Russen so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher des Instituts für Entwicklungsökonomie der Bank von Finnland.
Sie stellten den Menschen zwei Hauptfragen: Wie zufrieden sind sie derzeit mit ihrem Leben? Und wie zufrieden sind sie derzeit mit ihrer wirtschaftlichen Lage? Darüber hinaus fragten die Ökonomen, ob die Befragten im Laufe des Jahres größere Anschaffungen getätigt, Geld für kulturelle Veranstaltungen ausgegeben hatten und ob sie ihren Lebensstandard über mehrere Monate aufrechterhalten könnten, wenn sie ihre Einkommensquelle verlören.
Das Exilmedium Meduza sprach dazu mit dem Co-Autor der Studie, dem Ökonomen und Professor am US-amerikanischen Middlebury College William Pyle: Warum nur fühlen sich die Russen heute scheinbar besser als vor dem Beginn des umfassenden Krieges in der Ukraine? Meduza veröffentlicht die Erkenntnisse aus dem Interview auf Russisch.
Meduza in Berlin: Worum es bei der Ausstellung „Nein“ geht
Unter dem Titel „Nein“ setzt sich ein internationales Team von Meduza-Journalist*innen und Künstler*innen kritisch mit den aktuellen Umbrüchen in der Welt auseinander – und untersucht diese aus verschiedenen Blickwinkeln.
Die Ausstellung ist zu besichtigen vom 26. April bis 6. Juli 2025 im Kunstraum Kreuzberg. Mehr Informationen finden Sie hier.
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