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Meduza-Auswahl 18. – 24. September„Friedensstifter mit Werten“: Wie Russland auf Charlie Kirk blickt

Die Ermordung des konservativ-rechten US-Aktivisten sorgt auch in Russland für Schlagzeilen. In diesen gilt er als „pro-russisch“ und die USA stehen „am Rande eines Bürgerkriegs“.

Vor dem Hauptsitz der Organistation „Turning Point USA“ in Phoenix, Arizona, wo am 21. September eine Gedenkfeier stattfand Foto: Daniel Cole/reuters

Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.

In der Zeit vom 18. bis 24. September 2025 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:

Wie der Tod von Charlie Krik in Russland erzählt wird

Die Ermordung des amerikanischen konservativen Aktivisten Charlie Kirk am 10. September beherrschte weltweit die Schlagzeilen. Kirk wurde außerhalb der Vereinigten Staaten vor allem durch Soziale Medien und insbesondere YouTube bekannt. Viele Konservative bis Rechte übernahmen seine Rhetorik.

Auch die russische Staatspropaganda hat sich zu seinem Vermächtnis geäußert: So wurde er dargestellt als Verteidiger „traditioneller Werte“, als Friedensstifter und als „Prophet ohne Ehre in seinem eigenen Land“. So verbreiten sich drei Kernaussagen: „Kirk starb für traditionelle Werte“, „Kirk war pro-russisch“ und „Amerika steht am Rande eines Bürgerkriegs“. Meduza gibt auf Englisch einen Überblick über die russischen Erzählungen zu Charlie Kirk und seiner Ermordung.

Auf der Suche nach getöteten Soldaten

Als Wladimir Putin im September 2022 eine „teilweise Mobilmachung“ ankündigte, wurden Tausende Männer aus Sibirien an die Front geschickt. Allein aus der Region Irkutsk und der Republik Burjatien wurden mindestens 9.000 eingezogen. Drei Jahre später ist etwa ein Drittel von ihnen tot oder dauerhaft behindert. Das unabhängige Medium People of Baikal hat untersucht, was über das Schicksal dieser Männer bekannt ist. Meduza veröffentlicht eine gekürzte Übersetzung ihrer Berichterstattung auf Englisch.

Die Zahl der Vermissten ist unbekannt; es gibt keine offizielle, öffentliche Liste. Oft geben die Familien solche Informationen selbst weiter. Im Juli beispielsweise wandten sich Angehörige eines mobilisierten Soldaten, Nikolai Lazarev, an People of Baikal. Denn sie hatten seit mehr als zweieinhalb Jahren nichts mehr gehört von ihm. In der Praxis bedeutet die Einstufung als „im Kampf vermisst“ in der Regel, dass ein Soldat getötet wurde, seine Leiche jedoch nie vom Schlachtfeld geborgen wurde.

In Abwesenheit verurteilt: Normalität in Russland

In Russland hat die Zahl der Verurteilungen in Abwesenheit in den letzten Jahren zugenommen. Die Sicherheitskräfte wenden das sowohl in allgemeinen Strafverfahren als auch in politischen Fällen an.

Nach Angaben des Menschenrechtsprojekts „OVD-Info“ verhängten die Gerichte im Jahr 2022 gegen 15 Personen in politisch motivierten Fällen eine Abwesenheitsverhaftung. Im Jahr 2023 waren es 34 und im Jahr 2024 bereits 80. In den knapp neun Monaten des Jahres 2025 hat sich die Dynamik etwas verlangsamt: 34 Personen wurden in Abwesenheit verhaftet.

Dabei handelt es sich nicht nur um russische Staatsbürger – die Gerichte haben diese Art der Verfahren auch gegen Bürger aus der Ukraine, Kroatien, Rumänien, Großbritannien, Italien, Venezuela und Estland angewandt. Meduza berichtet auf Russisch.

Der Staat zeige damit, dass diejenigen, die er als „Verräter“ betrachtet, nicht ungestraft davonkommen. Das sei ein Versuch, „die ausgewanderten Russen in Angst zu halten“, schreibt Meduza.

Intervision: Der queerfeindliche Eurovision-Songcontest

Am 20. September fand in Moskau „Intervision“ statt. Das ist ein Gesangswettbewerb, der als Ersatz für „Eurovision“ in Zeiten der internationalen Isolation Russlands gilt. Die Übertragung der Show konnte auf dem ersten Kanal Russlands verfolgt werden.

An dem Wettbewerb nahmen Teilnehmer aus „befreundeten“ Staaten wie Belarus, Tadschikistan, China, Brasilien und anderen teil. Auch eine Teilnehmerin aus den USA, die Sängerin Vassy, sollte zum Wettbewerb kommen, sagte jedoch in letzter Minute ihre Teilnahme ab. Meduza berichtet auf Russisch.

„Intervision“ wurde von Wladimir Putin und dem Außenminister Sergej Lawrow eröffnet und Russland von dem „patriotischen“ Sänger Schaman vertreten. Titel eines seiner Lieder: „Ich bin Russe“.

Der nächste „Intervision“ wird allerdings nicht in Vietnam stattfinden, dessen Vertreter den Wettbewerb gewonnen hat. Sondern in Saudi-Arabien. Dies gaben die Organisatoren und Moderatoren noch vor Ende des Wettbewerbs bekannt.

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