Meduza-Auswahl 16. bis 22. März: „Just call me Masha“
Wer ist die Frau, die für die Kinderverschleppungen aus der Ukraine zuständig ist? Wie kommt trotz Sanktionen Geld nach Russland? Texte des russischen Exilmediums.
Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert ab 1. März unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz panter stiftung gefördert.
In der Woche vom 16. bis 22. März 2023 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:
Keine gewöhnliche Mutter
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH) hat am 17. März Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen nicht nur gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin, sondern auch gegen seine Kinderrechtsbeauftragte, Maria Lwowa-Belowa, erlassen. Ein Bericht der Yale University legt nahe, dass Putins Beauftragte eine Schlüsselrolle bei der Orchestrierung der groß angelegten Deportationen von Kindern aus der Ostukraine gespielt hat.
Meduza porträtiert Lwowa-Belowa und gibt einen chronologischen Überblick über ihre Beziehung zu Putin (englischer Text) und die Entwicklung des Vorhabens, ukrainische Kinder aus den von der russischen Armee besetzten Gebieten zu verschleppen, um sie zur Adoption nach Russland zu bringen. Offiziell ist es russischen Familien erst seit Mai 2022 möglich, die Vormundschaft für ukrainische Kinder zu übernehmen. Putin hat dann eine Verordnung über ein vereinfachtes Verfahren für die Einbürgerung von Kindern in die Russische Föderation unterzeichnet. Die russische Kinderbeauftragte ist 38 Jahre alt und ausgebildete Musikerin. Sie hat selber 5 leibliche und 4 Adoptivkinder. Außerdem haben sie und ihr Mann die Vormundschaft für 8 weitere Kinder. Im Februar 2023 hat das Paar noch einen 15-Jährigen aus Mariupol adoptiert.
Wo die Wagner-Toten ruhen
Im Dorf Bakinskaja in der südrussischen Region Krasnodar befindet sich die größte bekannte Begräbnisstätte für Wagner-Söldner. Trotz des Verbots der lokalen Behörden finden dort Beerdigungen statt. Mit Informationen aus Wagner nahestehenden Telegramkanälen berichtet Meduza über diesen Vorfall (russischer Text). Insgesamt seien 780 Plätze auf dem lokalen Friedhof für die Beerdigung der Söldner zugewiesen worden. Zum Zeitpunkt der Meduza-Berichterstattung seien etwa 500 davon bereits belegt gewesen.
Der Hintergrund des Streits ist, dass Bakinskaja als Kurort ausgewiesen ist. „Ich bin mir sicher, dass es in der Region genügend Gemeinden gibt, die keine Kurorte sind und die eine entsprechende Stätte für Bestattungen erlauben würden“, sagt im Bericht der Leiter der Gemeinde, Sergej Belopolsky.
Sanktionen umgehen, um Geld nach Russland zu schicken
Die EU wird vermutlich diese Woche über das elfte Sanktionspaket gegen Russland aufgrund des 24. Februar 2022 angefangenen Angrifskriegs entscheiden. Als Folge der Sanktionen wird es für russische Bürger*innen immer schwieriger, im Ausland verdientes Geld nach Russland zu schicken. In einem Bericht von Meduza (russischer Text) wird eine Liste von Möglichkeiten veröffentlicht, womit die Russ*innen weiterhin die Wirtschaftssanktionen umgehen können.
Unter anderen werden die unterschiedlichen Optionen beschrieben: Geldüberweisungssysteme, Kryptowährungen, „Mir“(„Welt“)-Karten, UnionPay-Karten, ausländische Bankkarten, Bargeld. In den knapp zwei Wochen nach der Ankündigung Putins der Teilmobilisierung am 21. September verließen rund 700.000 Menschen Russland. Die meisten flohen nach Georgien, in die Türkei und nach Israel.
Profitiert Zentralasien von russischer IT-Abwanderung?
In diesem Zusammenhang ist das Exilmedium auch der Frage nachgegangen, ob durch die Abwanderung, die seit spätestens Ende September in Russland stattgefunden hat, die Nachbarländer vom russischen Braindrain profitieren können. Den Fokus setzt Meduza in Zentralasien mit der Reportage „Startup revolution“ (englischer Text). Laut offiziellen Statistiken sind mehr als 100.000 IT-Leute ins Ausland geflohen, das entspricht 10 Prozent der technischen Arbeitskräfte Russlands. Ein „IT-Exodus“ im Jahr 2022.
Für die bereits aufstrebenden Technologiezentren in Zentralasien ist das ein Glücksfall gewesen. Die Region strebt an, das nächste Silicon Valley zu werden.
Korrekturhinweis: In einer früheren Version des Textes war das Alter von Maria Lwowa-Belowa falsch angegeben. Wir haben dies nun korrigiert.
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