„Medienkorrespondenz“ wird eingestellt: Irdisches Ende
Die katholische Zeitschrift „Medienkorrespondenz“ wird eingestellt. Ab 2022 soll die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) ihre Aufgabe übernehmen.
M edien und Religion haben ja viel Schönes gemeinsam. Sie wollen Meinung machen, Wahrheiten verkünden und die letzten Dinge klären. Deshalb sind Medien und Religionsgemeinschaften auch sogenannte Tendenzbetriebe. Das heißt, sie können ihren Mitarbeiter*innen vorschreiben, in welche Richtung sie bekehren wollen.
Bei Springer gibt es beispielsweise die redaktionellen Grundsätze von der ewigen Freundschaft zu den USA und bei den Christen die zehn Gebote. Okay, nicht ganz vergleichbar. Aber dieser „Tendenzschutz“, egal ob bei Kirchen oder Medien, ist ohnehin von vorgestern.
In einem Punkt dürfen wir den Kirchen aber dankbar sein. Sie kümmern sich verlässlich um ihre Schäfchen, so auch um die Medien. Natürlich anfangs mit dem Ziel, dass diese Schäfchen nicht auf die falsche Weide geführt werden. Deswegen sitzt in den Aufsichtsgremien der Öffentlich-Rechtlichen auch immer ein Schwung Kirchenvertreter*innen.
Weil die evangelische wie die katholische Kirche den Medien die Messe lesen wollten, gründeten sie in den 1950ern gleich noch zwei Publikationen. Das Blatt der Freunde Luthers heißt heute epd medien und bei den Papst-Anhänger*innen Medienkorrespondenz (MK). (Disclaimer in eigener Sache: Ich schreibe ab und zu für beide.) Ihre kirchliche Herkunft schlägt sich nur noch zu hohen Fest- und Feiertagen in den Blättern nieder. Dafür sind beide im Medienjournalismus unverzichtbar. Denn sie pflegen Raritäten wie echte Fernsehkritik. Leisten akribische Recherchen zur Medienpolitik. Und auch wenn die ARD nie Zahlen rausrückt, weiß die MK immer, was die „Sportschau“ kostet.
Wir brauchen sie, um auf die Wahrheit zu kommen
Doch mit dem irdischen Dasein der MK ist wohl bald Schluss. Sie soll Ende 2021 eingestellt werden. „Wer war nochmal die Zielgruppe?“, fragt die Mitbewohnerin. „Ach, dieses Fachpublikum existiert ja so nun auch nicht mehr. Alle sind nur noch quereingestiegene Experten und labernde Angelernte.“
Als Quereinsteigerin soll ab 2022 die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) „die Einordnung der Entwicklungen einer hochdynamischen Medienbranche“ von der MK übernehmen. So verkündet sie es derzeit ihren Jünger*innen. Das erinnert ein bisschen an den Limbus, also diese Vorhölle, die der deutsche Papst in Rom eigentlich offiziell abgeschafft hat.
Und dann ist da noch ’ne andere Krux. Bislang erschienen MK und epd medien ganz alttestamentarisch im Gleichgewicht des Schreckens. Solange es den einen Titel gab, konnte die andere Kirche ihren schlecht dichtmachen. Wenn den Evangelen jetzt das Ende der MK als brennender Dornbusch winkt, ihren Gottes-, äh, Mediendienst auch zu opfern, wäre das schwere Sünde. Denn wir brauchen sie ja, um auf die Wahrheit zu kommen. In Ewigkeit, Amen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Tod von Gerhart Baum
Einsamer Rufer in der FDP-Wüste
+++ Nachrichten zur Ukraine +++
Gespräche bei der Sicherheitskonferenz