Medien-Skandal in Italien: Giorgia Meloni nach Drama getrennt
Nachdem belastende Aufnahmen von Melonis Partner auftauchten, trennt diese sich. Der perfekte Skandal fällt in einen Streit mit Marina Berlusconi.
Nur zwei Tage vor dem großen Knall hatte der 42-jährige TV-Journalist mit der beeindruckenden Haartolle einem Magazin der Regenbogenpresse ein längeres Interview gegeben. Da ging es auch darum, wann die beiden endlich heiraten, schließlich predigt die Postfaschistin Meloni ja immer wieder „Gott, Vaterland, Familie“ und outet sich gerne als stramme Katholikin der eher konservativen Sorte, war aber seit 2014 unverheiratet mit Giambruno zusammen, mit dem gemeinsam sie eine uneheliche Tochter in die Welt setzte.
Im Interview hatte der gemeinhin als Gutausseher durchgehende Anchorman noch geraunt, vielleicht seien die zwei ja längst verheiratet und hätten es bloß niemandem erzählt. Doch kaum war das Interview raus, folgte eine Breitseite der satirischen Mediaset-Sendung „Striscia la notizia“, das einen Mitschnitt Giambrunos aus dessen TV-Studio, in dem er, übrigens auch bei Mediaset, seine tägliche Sendung „Diario del giorno“ moderierte.
Predigerin von „Gott, Vaterland, Familie“
In dem Mitschnitt sieht man einen Giambruno, der – vor Start der Live-Übertragung – eine junge Kollegin anbaggert, dabei durchs Studio stolziert, sich ungeniert mit Macho-Prolo-Gehabe in den Schritt fasst und derweil säuselt, „warum bloß habe ich dich nicht früher kennengelernt, das ist unglaublich“.
Nur einen Tag darauf legte die Satireshow mit einem weiteren Mitschnitt nach, in dem der offenkundig testosterongesteuerte Moderator erst recht als übergriffiger Gockel rüberkommt, der eine andere Kollegin aufklärt, er habe da was mit einer Mediaset-Journalistin laufen, und ob sie nicht dazustoßen wolle, für einen „Threesome“, einen flotten Dreier? Oder auch einen Vierer? Überhaupt, bei ihm bestehe der Eignungstest darin, „dass gebumst wird“.
Gleich am nächsten Morgen hatte er dann die Kündigung, nicht vom Sender, sondern von Meloni. „Meine Beziehung mit Andrea Giambruno endet hier“, verkündete sie in ihrem Post kategorisch und schob nach, „unsere Straßen haben sich schon vor einiger Zeit getrennt, es ist Zeit, dass wir dies zur Kenntnis nehmen“. Vor allem aber jammerte sie, wer immer glaube, sie zu schwächen, indem er sie „zu Hause attackiert“, liege falsch.
Und damit war die politische Dimension in der Welt. Wer wollte sie treffen? Die Familie Berlusconi vielleicht, die Mediaset kontrolliert? Antonio Ricci, Chef es Satiremagazins, das Melonis Ex mit seinen verbalen sexuellen Belästigungen vorgeführt hatte, dementierte entschieden. Er habe ganz allein die Ausstrahlung beschlossen – und in der Tat gilt „Striscia la notizia“ als unkontrollierbare und unkontrollierte Exklave im Mediaset-Reich.
Jede Entscheidung abgeklopft
Dennoch schossen die Spekulationen ins Kraut. Hatte nicht Marina Berlusconi, älteste Tochter des im Juni verstorbenen Patriarchen Silvio, die Regierung Meloni noch vor wenigen Wochen hart kritisiert, weil die eine Übergewinnsteuer für Banken einführen wollte, die dem Berlusconi-Clan mit seiner Beteiligung an der Banca Mediolanum mehr als sauer aufstieß?
Seitdem wird in den Kommentarspalten der Zeitungen ungefähr jede zweite Entscheidung des Kabinetts Meloni darauf abgeklopft, ob sie nicht eine Retourkutsche gegen Mediaset, gegen die Familie Berlusconi und deshalb gegen die Partei Forza Italia sei. Gerade berät die Rechtskoalition über den Staatshaushalt 2024, und da sind einige Kröten für Forza Italia, aber auch für Mediaset drin, angefangen bei Steuererhöhungen für B&B-Betreiber, die die Steuersenkungspartei Forza Italia um keinen Preis will.
Unschöner für den politisch-unternehmerischen Berlusconi-Clan ist jedoch die geplante Absenkung des Rundfunkbeitrags für die staatliche Anstalt RAI von bisher 90 Euro auf 70 Euro jährlich – mit der Folge, dass die RAI in Zukunft als härtere Konkurrentin von Mediaset beim Kampf um Werbeeinnahmen auftreten wird. Jedenfalls verlor die Mediaset-Aktie in den zwei Wochen seit dem Ausbruch des Giambruno-Gate an der Börse schon rund 13%.
Giambruno von nun an nur im Off
Einigermaßen ohne weitere Blessuren kommt dagegen Giambruno selbst davon. Ursprüngliche Gerüchte, er könne nicht nur zu Hause, sondern auch beim Sender rausfliegen, haben sich nicht bestätigt. Als Moderator soll er zwar nicht mehr auftreten – doch er bliebt „Koordinator“ der täglichen Nachmittagssendung. Das ist womöglich besser für ihn, denn nicht nur im Off, sondern auch vor der Kamera war er in den letzten Monaten für diverse Peinlichkeiten gut.
Im Juli hatte er angesichts der extremen Hitzewelle kommentiert, heiße Tage zu dieser Jahreszeit seien doch „keine große Nachricht“. Und den deutschen Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der auf Toskanabesuch mitgeteilt hatte, das Extremwetter werde langfristige Folgen für Italiens Tourismus haben, hatte er mit dem Rat abgefertigt, Lauterbach solle halt lieber „in den Schwarzwald“ fahren.
Im August fiel Giambruno zu einem Vergewaltigungsfall nur ein, die Frauen sollten sich gefälligst nicht betrinken, sonst „stoßen sie auf ihren Wolf“. Und im September bezeichnete er die Überfahrten von Migrant*innen übers Mittelmeer als „transumanza“, als „Herdenwanderung aus Afrika“.
Meloni werde dem Satiriker dankbar sein
Solche Entgleisungen gehören für Giambruno der Vergangenheit an, während Meloni sich samt Familie weiter in der Opferrolle gefällt. Die ältere Schwester Arianna, gerade zur Organisationssekretärin der postfaschistischen Fratelli d’Italia befördert und damit hinter Giorgia zur zweitmächtigsten Frau in der Partei geworden, giftete gegenüber Journalist*innen, sie trieben doch bloß „Gossip“.
Anders sieht Antonio Ricci, der Chef des Satiremagazins, das Giambrunos sexistische O-Töne publik gemacht hatte, den Fall. Eines Tages werde Giorgia ihm „dankbar“ sein, schließlich sei es „nicht Schuld des Klempners, wenn er auf einen Wasserschaden aufmerksam macht“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert