piwik no script img

Massenproteste in PakistanRotes Käppi als Widerstandssymbol

Eigentlich ist Manzoor Pashteen Tierarzt. Vor allem aber kämpft er für die Rechte der Paschtunen. Malala Yousafzai unterstützt seine Bewegung.

Manzoor Ahmed Pashteen spricht zu seinen Anhängern Foto: PPI

Manzoor Ahmed Pashteen trägt meistens ein rotes Käppi mit schwarz-weißer Stickerei. Es soll einst einem armen Arbeiter aus Pashteens Heimat, der pakistanischen Region Wasiristan an der Grenze zu Afghanistan, gehört haben. Der junge Paschteen gab dem Arbeiter seine neue Kopfbedeckung und nahm im Gegenzug dessen abgetragene Kappe. Es war ein Ausdruck der Solidarität. Mittlerweile ist die Kappe zum Symbol des friedlichen Widerstands geworden.

Seit Monaten protestieren Pakistans Paschtunen gegen das sogenannte Establishment in Regierung, Sicherheitskräften und Geheimdienst. Alles begann, als Polizisten im Januar in Karatschi den jungen Familienvater Naqeebullah Mehsud erschossen. Die Polizei bezeichnete ihn und drei andere Paschtunen, die ebenfalls getötet wurden, als „Terroristen“ mit Verbindungen zur Terrormiliz IS. Doch all das war gelogen. Doch weil sie Paschtunen aus den Stammesgebieten waren, wurden sie als Extremisten abgestempelt.

Auch Mehsud stammte aus Wasiristan. Die Mehsud sind dort ein großer Stamm, und so gibt es viele Namensvetter, darunter auch Führer der pakistanischen Taliban wie Hakimullah Mehsud oder Baitullah Mehsud, die durch US-Drohnenangriffe getötet wurden. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass jeder Mehsud oder jeder Paschtune aus der Region ein militanter Kämpfer ist.

Tatsächlich handelt es sich nur um eine Minderheit, während die große Mehrheit sich nun mit anderen Mitteln wehrt. Ihr Führer ist der charismatische Pashteen. Der ausgebildete Tierarzt und Sohn eines Lehrers ist mittlerweile zum Superstar mutiert. Der 26-Jährige ist zur Stimme der sogenannten Tahafuz-Bewegung geworden, der es um den Schutz der Rechte der Paschtunen geht. Mittlerweile wird die Bewegung von zahlreichen bekannten Paschtunen unterstützt, darunter auch der Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai.

Er prangert die Praktiken des Geheimdienstes an

Pashteen thematisiert den brutalen Alltag in den paschtunischen Stammesgebieten, spricht über die blutigen Militäreinsätze in Wasiristan und Nachbarregionen, über das Töten von Zivilisten durch Taliban und US-Drohnen. Er prangert auch die Willkürherrschaft des ISI an, des pakistanischen Geheimdienstes, der aufbegehrende Paschtunen verschleppt, foltert und tötet. „Es gibt keinen Krieg gegen den Terror, es gibt nur Terror“, sagt Pashteen.

Es war dieses Anliegen, das am vergangenen Sonntag erneut Zehntausende Paschtunen in der Stadt Peschawar demonstrieren ließ. „Wir sind gegen jedes Unrecht, sei es vonseiten der Taliban, des ISI, der Armee oder der Regierung“, rief Pashteen der tobenden Menge zu. Es war ein Protest, dessen Ausmaß vielen Menschen anfangs nicht bewusst gewesen war und der auch dieses Mal von Pakistans auflagenstärksten Medien bewusst ignoriert wurde.

Ersticken lässt sich die Revolte der Paschtunen allerdings nicht mehr. Pashteens rotes Käppchen ist mittlerweile nicht nur zum Widerstandssymbol geworden, sondern auch zum Verkaufsschlager.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare