Massaker eines Soldaten: Die eigene Familie ermordet

Ein Soldat in der kongolesischen Bürgerkriegsprovinz Ituri kommt vor Gericht: Er hat seine Frau, Schwiegermutter und Kinder erschossen.

Soldaten in grüner Landschaft.

Soldaten der Demokratischen Republik Kongo (Archivbild) Foto: Alain Uaykani/Xinhua/imago

BERLIN taz | Ein Soldat der Demokratischen Republik Kongo tötet Zivilisten – das wäre normalerweise keine Nachricht. Was am vergangenen Samstagabend im Fischerdorf Nyakova in der nordostkongolesischen Provinz Ituri geschah, hat nun aber landesweite Aufmerksamkeit erregt.

Der Soldat der Marinebasis 332 in Kasenyi am Albertsee, der Kongos Grenze zu Uganda bildet, eröffnete bei seiner Heimkehr aus seinem Einsatzort ins Dorf gegen 22.30 Uhr das Feuer auf seine Schwiegerfamilie, weil diese seinen verstorbenen Sohn beigesetzt hatte, ohne auf ihn zu warten. 14 Menschen starben, darunter seine Ehefrau, seine Schwiegermutter und zehn Kinder, zwei davon seine eigenen.

Die Marinebasis 332 ist ein wichtiger Stützpunkt von Kongos Armee im Kampf gegen Ituris bewaffnete Gruppen, die sich auf ethnischer Basis rekrutieren und grausame Massaker begehen; 1,7 Millionen Menschen, ein Drittel der Bevölkerung der Provinz, sind auf der Flucht.

Die Armee trägt oft selbst zur Unsicherheit bei, sie schützt Vertriebene nicht und ihr Verhalten lässt zu wünschen übrig. Vor drei Jahren wurden zehn Soldaten der Marinebasis 332 zu je zehn Jahren Haft verurteilt, weil sie aus Wut über einen Milizenangriff in einem Dorf in die Luft schossen und von den verängstigten Dorfbewohnern für Milizionäre gehalten wurden. Die eigene Familie zu töten, weil ein Familienmitglied tot ist, fällt ungefähr in diese Kategorie militärischer Logik.

Dieses Foto des wegen des Massakers festgenommenen Soldaten verbreiten kongolesische Medien Foto: Infos.cd

Bei dem Vorfall vor drei Jahren erfolgten die Verurteilungen wegen Munitionsverschwendung und Rebellion. Im aktuellen Fall dürfte die Anklage des Militärstaatsanwalts um einiges härter ausfallen, und bei Mord werden Militärangehörige in der Demokratischen Republik Kongo gemeinhin zum Tode verurteilt, wenngleich es nie zu Hinrichtungen kommt.

Immerhin entgehen sie damit der Volksjustiz, die nach einem Vierteljahrhundert Krieg im Osten des Landes durchaus rabiat vorgehen kann. Als vor zwei Monaten Soldaten in der Stadt Beni einen Schüler erschossen, kam der Täter in Militärgewahrsam – die Bevölkerung, die seiner habhaft werden wollte, lynchte daraufhin einen anderen Soldaten.

Die Häufung von Volks- und Selbstjustiz, wobei oft Unschuldige getötet werden, hat diese Woche zu Krisengesprächen in der Millionenstadt Goma zwischen zivilgesellschaftlichen Gruppen, der Polizei und der UN-Mission im Kongo geführt.

Der Killer von Nyakova sitzt nun in Untersuchungshaft. Nach einem Tag auf der Flucht wurde er in der Nacht zu Montag in der Nähe des Tatorts gefasst und von Soldaten vor dem Volkszorn gerettet. Ihm soll öffentlich der Prozess gemacht werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.