piwik no script img

Maskenaffäre bei CDU und CSUUnions-Fraktionsspitze setzt Frist

In CDU und CSU herrscht weiter Aufregung. Bis Freitag sollen alle Abgeordneten erklären, sich nicht mit Pandemie-Geschäften bereichert zu haben.

Die persönlichen Erklärungen der Fraktionsmitglieder sollen bis Freitag um 18 Uhr eingereicht sein Foto: Christian Spicker/imago

Berlin taz | Die Fraktionsführung der Union macht Druck: Ralph Brinkhaus (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU) fordern in einem Brief an alle Fraktionsmitglieder von diesen eine persönliche Erklärung, keine finanziellen Vorteile im Rahmen der Coronapandemie erzielt zu haben. Einzureichen bis Freitag, 12. März 2021, 18 Uhr. So heißt es in dem Brief, der der taz vorliegt. Beschlossen habe dies der Fraktionsvorstand.

Dieser reagiert damit auf die sogenannte Maskenaffäre der Union, bei der die Abgeordneten Georg Nüßlein (CSU) und Nikolaus Löbel (CDU) bei der Vermittlung von Geschäften mit Corona- Schutzmasken sechsstellige Provisionen kassiert haben sollen. Beide sind inzwischen aus ihren Parteien ausgetreten, Löbel hat auch sein Bundestagsmandat niedergelegt. Bei der Union herrscht kurz vor zwei wichtigen Landtagswahlen am kommenden Sonntag Alarmstimmung.

Die Erklärung der Abgeordneten soll, so heißt es in dem Schreiben, beinhalten, dass direkt oder über Gesellschaften aus dem Kauf oder Verkauf von Medizinprodukten wie etwa Schutzausstattung, Test- und Impfbedarf im Zusammenhang mit der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie keine finanziellen Vorteile erzielt wurden oder werden. Dies gelte ebenso für die Vermittlung von Kontakten, der Weiterleitung von Angeboten oder Anfragen und der Unterstützung oder Beratung Dritter bei solchen Tätigkeiten.

Für den Fall, dass eine solche Erklärung nicht abgegeben werden kann, wird zum persönlichen Gespräch gebeten. Die entsprechenden Mitglieder, heißt es in dem Brief weiter, sollen sich gegenüber den Parlamentarischen Geschäftsführern „erklären“.

Die Grünen machen Druck

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte angekündig, die Namen aller Abgeordneten öffentlich machen zu wollen, die an der Vermittlung von Maskengeschäften beteiligt waren. Er habe die Bundestagsdirektion gebeten, mit seinem Ministerium ein entsprechendes Verfahren zu entwickeln, so Spahn. Diese aber hat inzwischen auf den Brief aus dem Gesundheitsministerium geantwortet und sich für nicht zuständig erklärt.

Der Bundestagsdirektor macht aber deutlich, dass Abgeordnete nach einschlägiger Rechtsprechung ein berechtigtes Interesse an der Vertraulichkeit personenbezogener Daten hätten, die von der Freiheit des Mandats geschützt seien. „Solche Daten dürfen daher nur in eng begrenzten Ausnahmefällen herausgegeben werden“, so ein Sprecher. Rechtlich unbedenklich erscheine die Herausgabe, wenn dem Ministerium eine Einwilligung der Betroffenen vorliege.

Unterdessen haben sich die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, und Bundesgeschäftsführer Michael Kellner mit einem Brief an die anderen Fraktionen im Bundestag gewendet und sie aufgefordert, strengere Regeln und Veröffentlichungspflichten schnellstmöglich auf den Weg zu bringen.

„Es muss jetzt darum gehen, verlorenes Vertrauen in die demokratischen Institutionen wiederherzustellen“, schreiben sie. „Uns ist es ein deshalb ein großes Anliegen, dass wir zeitnah bis zum Sommer wirkungsvolle Maßnahmen für klare und striktere Regeln und mehr Transparenz beschließen.“

Brinkhaus und Dobrindt hatten bereits am Montag einen neuen Verhaltenskodex für die Unionsabgeordneten angekündigt. Auch solle es mehr Transparenz bei Nebentätigkeiten und einen gesenkten Grenzwert für die Veröffentlichungspflicht von Spenden geben. Für die Union, die in diesen Fragen bislang vor allem auf der Bremse stand, sind dies erste Schritte. Nach Meinung von SPD und Opposition, aber auch von Organisationen wie Transparency International und LobbyControl reichen sie bei weitem nicht aus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Bei alledem sollte nicht vergessen werden, dass es schwarze Schafe nicht nur in der CDU/CSU gibt. Natürlich nutzt die politische Konkurrenz die Gelegenheit, um von ihren eigenen Problemen abzulenken. Verständlich, dass die anderen Parteien so tun, als könnte ihren jeweils eigenen Parlamentarier sowas NIEMALSNICHT passieren. Kein Wunder, angesichts der bevorstehenden Wahlen!



    Fest steht jedenfalls, dass die CDU/CSU diese Affäre nicht abgestritten / kleingeredet / beschönigt /ausgesessen hat. Das ist nicht immer und überall so.!

    • @Pfanni:

      Naja man kann der Union vieles vorwerfen, aber Dummheit in Hinblick auf Wahlen sicher nicht.

      Die wissen ganz genau was für eine korrupte Bande sie da als Abgeordnete haben. Den Schaden haben sie jetzt sowieso, jetzt geht es nur darum eine Wiederholung des Ganzen vor der Bundestagswahl zu verhindern. Mit Ehrlichkeit oder Aufrichtigkeit hat das wenig zu tun.

  • Das dient sicher nicht der aufrichtigen Aufklärung, sondern soll nur den investigativen Journalisten zuvorkommen, damit der Pressetext mit den Akteuren gemeinsam abgestimmt ist.



    Wenn CDU/CSU ehrlich an einer Aufklärung und Regulierung interessiert wäre, kämmen mit Terminsetzung alle alten bekannten Fälle (von Kohl bis Amthor) auf den Tisch und das zuletzt beschlossene Lobbyregistergesetz würde umgehend erweitert, nach den Vorgaben von der unabhängigen Organisationen abgeordnetenwatch oder transparency international. Solange das nicht passiert, sind alle Handlungen nur eine große konservative Show, um die Wählerschaft zu beruhigen.

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    Man darf den Mädels und Jungs jetzt keinen Vorwurf machen. Sie wurden so erzogen. Die Gesellschaft (unsere, die der Alten), kannte eben nur eine Maxime: scheffeln. Seien es Vorteile für spätere Aktivitäten nach dem Mandat, oder eben verschleierte Direktzahlungen.



    Beide, der jetzt offiziell Beklagten, hatten Firmen, die nicht etwa Hard- oder Software produzieren - Nein _ Nur Vermittlungen von irgendwelchen, im Zweifel Zwielichtigengeschäften. Oder Verteidigung derselben. Scheint auch ganz lukrativ zu sein.



    Ich mach am Sonntag in BAWÜ mein Kreuz bei der CDU. Im festen Glauben daran, damit die Rechtschaffenden zu unterstützen.

    P.S. taz.de/Skandale-um...chaffung/!5752550/



    Wer sich so billig abspeisen läßt ist auch noch saudoof. Wenn es nicht weitere Einnahmequellen gibt. Und davon gehe ich aus.

  • Ich muss sagen ich genieße das. Aber bei der Union haben die natürlich auch den Braten gerochen. Was für ein Zufall, das das gerade vor den Landtagswahlen rauskam. Wäre ja schrecklich, wenn sowas noch mal vor der Bundestagswahl passieren würde...

    Muss ich aber sagen, wer auch immer das durchgestochen hat, einen besseren Zeitpunkt hätten sie nicht wählen können. Vielleicht kann die Politik ja so mal gezwungen werden, anti-korruptionsmaßnahmen durchzusetzen.