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Manipulationsvorwürfe gegen BMWBayern Mogeln Womöglich

Die Deutsche Umwelthilfe hat Autos von BMW getestet – und Abschalteinrichtungen entdeckt. Ein Dieselgate? Der Konzern streitet die Vorwürfe ab.

Stinkt zum Himmel? Sagt zumindest die Umwelthilfe Foto: dpa

Berlin taz | BMW galt bisher in Sachen Dieselgate als der Saubermann unter den deutschen Autobauern. Die Dieselmodelle aus München fielen bei den Abgastests der vergangenen Jahre – anders als die Konkurrenz von VW, Opel und zuletzt auch Daimler – nicht besonders auf. Auch hat der Vorstandschef höchstselbst immer wieder versichert, dass das Unternehmen keine unerlaubten Tricks nutzt, um im Messstand bessere Ergebnisse zu erzielen.

Mit diesem Image könnte es nun vorbei sein. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hegt nun auch gegen BMW den starken Verdacht, dass in Dieselmodellen des Herstellers Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung eingesetzt werden. Darauf weisen nach Angaben des Verkehrsberaters Axel Friedrich Messungen durch den TÜV Nord und das Emissions-Kontroll-Institut (EKI) der Umwelthilfe hin. Auffällig sei die extreme Abweichung der Messwerte für Stickstoffdioxid (NOx) bei Fahrten auf der Straße im Vergleich zu den auf dem Prüfstand ermittelten Werten. „Wir sehen hierin klar eine Abschalteinrichtung“, sagt DUH-Chef Jürgen Resch.

Insgesamt wurden acht Messungen bei einem BMW 320d vorgenommen. Den Diesel mit dem Baujahr 2016 liehen sich die Prüfer bei einer Verleihfirma. Auf dem Prüfstand habe das Auto den NOx-Grenzwert locker eingehalten, berichtet Friedrich. Auf der Straße seien dagegen deutliche Überschreitungen festgestellt worden. Schon wer 10 Prozent schneller fährt als beim offiziellen Testverfahren vorgeschrieben, stößt so bei Stadtfahrten siebenmal mehr aus als erlaubt.

Ab einer Drehzahl von 3.500 Umdrehungen pro Minute wird das für die Rückführung eingesetzte Ventil laut DUH geschlossen. Diese Drehzahl erreichen die BMW-Fahrzeuge schon bei Geschwindigkeiten von 47 Kilometern pro Stunde im zweiten, 70 im dritten, 87 im vierten und 112 im fünften Gang. Laut Friedrich entsprechen diese Geschwindigkeiten durchaus dem typischen Fahrverhalten eines Fahrers.

Gegen die Vorwürfe wehren sich die Münchner. „Fahrzeuge der BMW Group sind nicht manipuliert“, erklärte Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich. „Wenn ein Tester bewusst und zielgerichtet untypische Fahrweisen im Randbereich erzwingt, um plakative Emissionswerte zu konstruieren, dann hat das Züge einer gezielten Kampagne“, sagte Fröhlich.

Wir sehen hierin klar eine Abschalt­einrichtung

Jürgen Resch, DUH-Chef

Der Konzern verweist auf eigens beauftragte Nachmessungen bei einem technisch identischen Modell durch den TÜV Süd im Jahr 2015. Dabei habe sich klar ergeben, dass es keine Eingriffe in die Abgasreinigung gebe. „Die Emissionskontrollsysteme decken in ihrer Wirksamkeit die typische Kundenfahrweise vollumfänglich ab“, versichert der Konzern.

Die Umwelthilfe bleibt dagegen bei ihrer Einschätzung. Bereits bei Daimler und Opel hatte die DUH mit eigenen Messungen auf Betrug und Überschreitung rechtlicher Grauzonen durch Abschalteinrichtungen hingewiesen. Laut Resch wurden die Ergebnisse auch diesmal an das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) sowie das Bundesverkehrsministerium weitergereicht. Die Behörden sollten die Ergebnisse prüfen und BMW gegebenenfalls die Typgenehmigung entziehen. Ein Rückruf der Fahrzeuge müsse angeordnet werden, sagte Resch.

Immerhin: Das KBA sei „beauftragt worden, den Vorwürfen nachzugehen“, teilte das Ministerium am Dienstag mit.

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9 Kommentare

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  • "untypische Fahrweisen im Randbereich erzwing[en], um plakative Emissionswerte zu konstruieren" ist eine schöne Beschreibung dessen, was auf dem Prüfstand zur Bestimmung der Abgas- und Verbrauchswerte geschieht.

     

    Guckst Du hier: http://www.taz.de/!286803/

     

    "Von null auf 50 Kilometer pro Stunde braucht er ganze 26 Sekunden" - in einem Auto, dass mit einer Beschleunigung von null auf 100 in 10 Sekunden wirbt. BMW scheint sich ja unangreifbar zu fühlen. Ich fürchte zurecht.

  • 4G
    41069 (Profil gelöscht)

    Mogeln verharmlost.

    Betrug ist gemeint.

  • Was ich mannchmal nicht verstehe: Warum ruft nicht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mal beim Chaos Computer Club (CCC) an, und fragt, ob nicht mal einer die Motorsteuerungssoftware von (VW, BMW, Audi, Daimler, Porsche, Opel, Ford, etc) dekompiliert, und dann mal ganz präzise sagt, an welcher Stelle ganz konkret der Betrug sitzt. Müsste doch möglich sein, oder?

    • @dodolino:

      Dekompillieren erzeugt leider einen für Menschen schwer lesbaren "Quellcode", der mit dem ursprünglichen Code wenig gemein haben muss. Und dann bleibt immer noch die Frage: Ist es ein Fehler oder gewollt?

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ..."untypische Fahrweisen"?

    Das ist ja mal wieder typisch, für unsere Autoindustrie. Betrügen, wo's nur geht, den Schaden bezahlt dann der Steuerzahler.

  • 8G
    80576 (Profil gelöscht)

    Höchst zweifelhaftes Unternehmen. Nicht BMW, sondern die Umwelthilfe mit ihrem "Geschäftsmodell".

  • Ich verstehe die Presse nicht mehr. Da erhebt eine in Kompetenz und Reputation eher Zweifelhafte privat Organisation schwere Vorwürfe gegen ein weiß Gott renommiertes Unternehmen, dass mit Taten (und nicht mit Worten) über viele Jahre hinweg sein ökologisches & soziales Engagement unter Beweis gestellt hat und was passiert? Anstatt unabhängige Gutachter (der TüV Süd hat bestätigt, dass es im untersuchten Modell keine Abschalteinrichtung gibt) zu glauben, wird BMW misstraut. Was ist nur los mit unserer Gesellschaft?

    • @Spezilist:

      Was ist nur los mit Ihnen?

      Einem Hersteller von übermotorisierten Protzkarossen ökologisches Engagement zu attestieren zeugt wahrlich von pathologischer Realitätsferne.

       

      Die verpesten seit Jahrzehnten die Atemluft in den Innenstädten mit ihren Dreckschleudern.

       

      "der TüV Süd hat bestätigt, dass es im untersuchten Modell keine Abschalteinrichtung gibt". Ja genau, und der Tüv Rheinland hat minderwertige Brustimplantate zertifiziert. Ein wenig institutionshörig der Herr?

    • @Spezilist:

      Unsere Gesellschaft wurde wohl zu oft betrogen und belogen.