Manfred Kriener ÜBER Die Skandalbranche par exCellence: Dein Auto, das optimierte Wesen
Der VW-Skandal um vorsätzlich gefälschte Abgaswerte hat ein bemerkenswertes Geständnis hervorgebracht. Wolfsburger Ingenieure haben erstmals zugegeben, dass – jenseits der eingesetzten Betrugssoftware – auch die sonst übliche Spezialpräparierung der Testfahrzeuge illegal ist. Der Überdruck absurd aufgepumpter Spezialreifen, das Abkleben aller Ritzen am Auto, der Ausbau bestimmter Fahrzeugteile zur „Gewichtsoptimierung“, der Einsatz von Spezialölen oder das Abschalten von Lichtmaschine und Klimaanlage galten bisher als normales Design der Testautos. Als zulässiges Schlupfloch. Da keine Behörde dagegen vorging, war alles in bester Ordnung. Mit dem Geständnis wird der Betrug jetzt auch in den Reihen der Autobauer zum Betrug, das könnte eine Lawine auslösen.
Denn es ist vollkommen rätselhaft, warum nur VW im Feuer steht. Bei allen unabhängigen Überprüfungen der Verbrauchswerte durch Umwelthilfe und ADAC, die britische Verbraucherorganisation „Which?“ oder die Umweltwissenschaftler von ICCT waren die Ergebnisse eindeutig: Betrug als Regel. Alle bescheißen! Die Verbräuche sind um bis zu 40 Prozent zu niedrig angegeben. Dem Staat entgehen Milliardeneinnahmen aus der nach dem Spritverbrauch berechneten Kfz-Steuer.
Um die Realität unter der Motorhaube kümmert sich Spritmonitor.de. Auf dieser Seite haben mehr als 330.000 Autobesitzer Tankrechnungen und Kilometerstände eingegeben. Die erfasste Fahrleistung von 7.800.000.000 Kilometern reicht aus, um 26-mal zur Sonne und zurück zu fahren. Wissenschaftler werten zudem die unbestechlichen Tankkarten von Autoleasing-Firmen aus. Resultat: Die realen Verbräuche sind im Schnitt um 31 Prozent höher, als sie offiziell sein dürften. Das ist der Kern des Skandals einer ganzen Branche. Wann wird Verkehrsminister Dobrindt endlich Ergebnisse eigener Nachmessungen vorlegen? Merke: Die finden „im Beisein der Hersteller“ statt.
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