Magazin von Männern für Frauen: „Blowjob würde man ihr zutrauen“
Bei dem neuen Magazin „Weiberkram“ will eine ausschließlich männliche Redaktion starke Frauen ansprechen – und scheitert katastrophal.
BERLIN taz | Wie stark ist eine Frau, wenn sie sich von einem Mann auf den Armen tragen lässt? Sehr stark, könnte man denken, schließlich ist sie auf dem Bild jung, schön und selbstbewusst, trägt das kurze Schwarze zu High Heels, und der Typ, auf dessen Arm sie liegt, ist immerhin ein Astronaut. Betrachter könnten sich aber auch fragen, warum diese Frau – wenn sie doch so stark ist – nicht auf ihren eigenen Beinen steht.
Das Titelbild des neuen Frauenmagazins aus dem Verlag Red Indians Publishing liegt ab Donnerstag am Kiosk und wird die Meinung der Leserinnen spalten. Auf gut 200 Seiten soll es um „die wunderbare Welt der starken Frauen gehen“. Doch genau die werden sich wahrscheinlich über dieses Cover des Magazins wundern. Und über den Namen des Magazins: Weiberkram.
Ernsthaft? Welche Frau, die etwas auf sich hält, bezeichnet sich als Weib? Aber wir haben es hier auch nicht mit einer gewöhnlichen Frauenmagazin-Redaktion zu tun, sondern mit einer rein männlichen. Weiberkram ist ein Heft von Männern für Frauen. Ein „kleines Geschenk“ (für 8 Euro!), wie Chefredakteur Michael Köckritz im Editorial schreibt, „für Frauen, die wir lieben, begehren, verehren und schätzen (aber glücklicherweise nicht immer verstehen)“.
Und was schenkt der Mann dem Schätzchen, das er liebt, als Erstes? Klar, eine Einladung zum Shoppen. Die erste Rubrik heißt „Kreischalarm“ und türmt auf 12 Seiten Nagellack, Perlenketten und Parfüm. Schwer vorstellbar, dass die Redaktion voller Männer Spaß daran hatte, dafür Dutzende von Bildunterschriften zu schreiben. Kein Wunder, dass die dann „Gib Gummi“ (für Flipflops) und „Mach dich nass“ (für Bikinis) heißen.
Im Interview wird die Schauspielerin Kaley Cuoco-Sweeting aus „The Big Bang Theory“ als „sinnliche Versuchung“ vorgestellt und gefragt, warum um alles in der Welt sie sich ihre „schönen, langen, blonden Haare“ hat abschneiden lassen und ob sie ihren Mann vorher um Erlaubnis gefragt hat. „Alles nicht so ernst gemeint“, sagt Chefredakteur Köckritz.
Politik und Wirtschaft weggelassen
Das ganze Heft sei eher so ein Flirt mit einem Augenzwinkern. „Wir haben mal was ausprobiert für Frauen, die wir interessant finden.“ Diese Frauen scheinen sich allerdings für nicht viel mehr als Mode, Kosmetik und Design zu interessieren. Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft haben die Herren Redakteure beim Magazinmachen für Traumfrauen mal lieber ganz weggelassen.
Und die wirklich starken Frauen haben sie am Heftende versteckt: die erfolgreiche Unternehmerin und Autorin von „Work is not a job“, Catharina Bruns (Seite 198), ein Interview mit Tennisstar Maria Sharapova (Seite 202) und Kurzporträts über eine Rennfahrerin, eine Kampfpilotin und eine Baggerfahrerin (Seite 214). Dafür staksen unzählige Models durch Modestrecken und Beautytipps, schmiegen sich an muskelbepackte Männer und Superman-Typen.
Ältere Frauen, Kinder, Familien? Fehlanzeige. Unter einem Bild von Julia Roberts steht: „Sie ist unprätentiös, locker, offen, ultra-smart und hat jede Menge Talent. Und sie ist scharf. Ein Blowjob im Aufzug? Man würde ihr es sofort zutrauen.“
Warum sollten sich starke Frauen für ein Magazin interessieren, in dem permanent der männliche begehrliche Blick auf sie wiedergegeben wird, ein Magazin, in dem sie nicht sich wiederfinden, sondern Klischeevorstellungen und feuchte Träume von Machomännern, die Frauen nicht verstehen (wollen)?
Eigentlich ist das Heft vielmehr eines für Männer, die sich als unperfekte Helden sehen, aber mit dem richtigen Anhängsel, einer schönen Frau an ihrer Seite, die sie bewundert. Für Männer, die schöne Frauen anschauen wollen, ohne gleich den Playboy zu kaufen, Männer, die Gefühle zeigen wollen, für die in Männermagazinen kein Platz ist. Weil das eben „Weiberkram“ ist. Starke Frauen werden weiterhin Frauenmagazine lesen, die von starken Frauen gemacht sind. Und dank mutiger, emanzipierter Experimente wie Missy Magazine oder Edition F ist das auch möglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind