Neues Newsportal für Frauen „Broadly“: „Grundsätzlich geht alles“

„Broadly“ existiert bereits in den USA und in Spanien. Am Donnerstag gibt es die neue Plattform von „Vice“ auch auf Deutsch – ohne Horoskop.

Die gedruckte der Zeitschrift Vice liegt auf dem Tisch. Auf dem Cover ein behaarter Mann mit Wikingerhelm

Mit „Broadly“ will „Vice“ mehr und vielfältiger über Frauen zu berichten. Foto: Imago/Manfred Segerer

Im Jahr 2008 startete das feministische Frauenmagazin Missy, seit 2014 gibt es die Business-Lifestyle-Plattform für Frauen „Edition F“ und seit 2015 kann man dank Gruner + Jahr auch Barbara Schöneberger vierteljährlich auf dem Cover von Barbara als „authentische“ Frau – abseits der abgemagerten Photoshop-Monster von Glamour und Vogue bewundern.

All diese Produkte formulieren den Anspruch, das Korrektiv für einen Journalismus zu bilden, der selbstbewussten und emanzipierten Frauen nicht genug Raum gibt. Nun will auch Vice mitmischen und ein eigenes Format für Frauen auf den deutschen Markt bringen.

Die Plattform Broadly gibt es unter anderem bereits in den USA und in Spanien. Die deutsche Version startet am Donnerstag unter der Leitung von Chefredakteurin Lisa Ludwig. Ihr erklärtes Ziel: Frauen permanent in den Fokus der Berichterstattung rücken. Jenseits von Mode und Beautytipps.

Die Zielgruppe ist laut Vice Deutschland-Herausgeber Benjamin Ruth Frauen zwischen 18 und 34. Schon mal eine ziemlich typische weibliche Zielgruppe. Was genau ist an Broadly also neu und anders? Blickt man auf die US-Seite der Plattform, dann geht es dort gerade um Themen wie die Pille für den Mann, japanische Scheidungen, die durch die Atomkatastrophe von Fukushima ausgelöst werden, und Kängurus, die mit toten Artgenossen Sex haben.

AfD und Abtreibung

Scrollt man weiter runter, leuchtet einem jedoch ein Tages- und Monatshoroskop entgegen, dass Brigitte-typischer nicht sein könnte.

„Grundsätzlich ist unsere Devise, dass alles geht“, sagt Ludwig und weist den Stempel „Frauenthemen“ zurück. „Wenn eine Frau sich für Astrologie und Mode interessiert, ist das völlig in Ordnung. Aber es muss eben auch über andere Themen, die Frauen ansprechen, berichtet werden.“

Als Beispiel für ein typisches Broadly-Thema nennt sie die möglichen Gefahren der wert-konservativen Politik der AfD für Frauen in Deutschland. Formattechnisch soll es auf der Plattform zu 99 Prozent „Original Reporting“ geben. Sprich: keine meinungslastigen Kommentare und Kolumnen, die die Autorin in den Vordergrund stellen, sondern exklusiver „objektiver Journalismus“ in Form von Video-Features, Reportagen und Porträts.

Von den bestehenden deutschen Formaten, die sich Feminismus auf die Fahnen geschrieben haben, unterscheide sich Broadly dadurch, dass es internationaler und in Vice-typischer „junger“ Tonart über Tabuthemen wie Abtreibung und Menstruation schreiben werde. Horoskope wird es auf der deutschen Version von Broadly nicht geben.

Alle Gruppen gleichberechtigen

Es ist eine alte und absolut berechtigte Forderung, mehr und vielfältiger über Frauen zu berichten. Nun kann man die Frage stellen, ob es in einer Gesellschaft, die diskriminierte Gruppen wie Frauen, Queer-Menschen und Migranten mit weißen, heterosexuellen Männern gleichstellen will, nicht eher kontraproduktiv ist, Artikel nach Frauen/Männer/Jugendthemen (siehe Bento und Ze.tt) aufzuteilen, statt breit gefächerte Medien zu etablieren, die alle Gruppen gleichberechtigt in einem Format repräsentieren.

Interessant ist hierbei, dass laut Chefredakteurin Ludwig die US-amerikanische Version von Broadly mit 45 Prozent auch von überraschend vielen Männern gelesen werde. Wenn Broadly es schafft, auch in Deutschland mehr Männer für feministische Themen zu interessieren, wäre allein diese Tatsache ein Gewinn.

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