Macron betrügt die WählerInnen: Die Premierminister-Casting-Show
Schon seit über einem Monat ignoriert Macron das Ergebnis der Parlamentswahlen. Er hat nur eines im Sinn: Sein Erbe zu retten – auf Kosten der Demokratie.
D er Élysée-Palast bildet in diesen Tagen die Kulisse für eine Casting-Show der besonderen Art. Emmanuel Macron sucht dort nämlich seinen Premierminister. Seit Tagen lässt der Präsident Vertreterinnen und Vertreter der Parteien kommen, um mit ihnen über die Bildung der nächsten Regierung zu sprechen. Mehr als 40 Tage ist die Parlamentswahl schon her, und noch immer ist die alte Riege der Ministerinnen und Minister geschäftsführend im Amt.
Frankreich befindet sich in einem Vakuum, das Macron selbst geschaffen hat. Der Präsident hatte nach der Niederlage seiner Partei bei den Europawahlen überraschend das Parlament aufgelöst. Das Ergebnis des Urnengangs passte dann aber nicht in sein Schema: Das Linksbündnis Neue Volksfront (NFP), dem auch die umstrittene Linksaußen-Partei La France insoumise (LFI) angehört, gewann mit einer kleinen relativen Mehrheit. Sozialisten, Grüne, Kommunisten und LFI präsentierten nach einigem Hin und Her Lucie Castets als Kandidatin für das Amt der Regierungschefin.
Am Freitag fühlte Macron der völlig unbekannten Finanzdirektorin der Stadt Paris wie bei einem Bewerbungsgespräch auf den Zahn. Doch der Ausgang war schon vorher klar: Der Präsident will die 37-Jährige und ihr Programm nicht. Ihr Bündnis würde sofort wieder durch ein Misstrauensvotum abgesetzt werden, begründete er am Montagabend sein Nein. Im Namen der „institutionellen Stabilität“ lehne er deshalb eine Regierung der NFP ab.
Doch damit macht Macron es sich zu leicht. Er hätte seine Niederlage anerkennen und der NFP den Regierungsauftrag geben müssen – auch wenn die Allianz womöglich schnell gescheitert wäre. Die Französinnen und Franzosen haben sich an den Parlamentswahlen im Juli so stark beteiligt wie kaum jemals zuvor. Sie haben klar zum Ausdruck gebracht, dass sie Macrons Politik nicht mehr wollen.
Aber der Staatschef reagiert nun, als habe es das Votum nicht gegeben. Er will um jeden Preis sein politisches Erbe retten. Deshalb versucht er, sich einen Premierminister nach Maß anzufertigen, der möglichst viel seiner Politik umsetzt. Die Mehrheit, die er dazu braucht, will er sich wie einen bunten Flickenteppich selbst zusammenbasteln.
Auf der Strecke bleibt dabei die Demokratie. Mit seinem Taktieren betrügt Macron die Wählerinnen und Wähler um ihre Stimme. Profitieren kann davon nur die Rechtspopulistin Marine Le Pen. Sie hat schon lange vor dem Chaos gewarnt, das Frankreich droht – und für das sie sich als einziges Gegenmittel sieht. Ihr bereitet Macron den Boden.
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