Machtwechsel in Argentinien: Javier Milei und seine Klonhunde
Am Sonntag wechselt in Argentinien nicht nur der Staatschef. Auf Präsidentenhund Dylan folgen vier nach Neoliberalen benannte und geklonte Mastiffs.
Dylan ist schon ausgezogen“, sagt das Frauchen, während ihr Pudel an den Baum pinkelt. Die Straßen der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires sind gut von Bäumen gesäumt, zur Freude der Hunde. „Dylan ist der Collie von Präsident Alberto Fernández, benannt nach Bob Dylan“, fügt sie ungefragt hinzu, während meine Hündin Pinky am Hintern des Pudels schnüffelt.
Derzeit vergeht kaum ein Gassigehen, ohne dass nicht kurz über den Auszug von Dylan und den Einzug der vier Hunde des zukünftigen Amtsinhabers aus und in die Präsidentenresidenz gesprochen wird. Denn, wenn am Sonntag der scheidende Präsident Alberto Fernández Schärpe und Stab an den gewählten Nachfolger Javier Milei übergibt, dann findet auch ein Wachwechsel an der Hundehütte in der Präsidentenresidenz im Vorort Olivos statt.
„Dylan ist ein Freund, ich liebe ihn sehr, und es stimmt: Wenn er mir in die Augen schaut, übermittelt er mir etwas, aber ich spreche nicht mit meinem Hund“, hatte Präsident Alberto Fernández einmal gesagt. Genau das hätte er vielleicht einmal tun sollen. Denn Dylan wurde vielen erst richtig bekannt, als er auf den Fotos einer illegalen Geburtstagsfeier der damaligen First Lady Fabiola Yáñez auftauchte.
Während ihr Mann, Präsident Alberto Fernández, wegen der Pandemie eine strenge Quarantäne mit verschärfter Ausgangssperre über das ganze Land verhängte, feierten sie in der Präsidentenresidenz mit geladenen Gästen fröhlich Geburtstag. Dylan muss da schon etwas geahnt haben. Auf den Fotos, die später an die Öffentlichkeit gelangten, sieht er alles andere als fröhlich aus. Sein Herrchen erlebte einen Vertrauensverlust und einen Absturz seiner Beliebtheitswerte, von dem er sich nie wieder erholte.
Milton Friedman, Murray Rothbard und Robert Lucas – wau!
Auch deshalb muss Dylan am Sonntag seinen Napf an Murray, Milton, Robert und Lucas übergeben, die englischen Mastiffs von Javier Milei. „Die sind alle geklont“, sagt das Frauchen vom Pudel. „Der Name ihres Vaters war Conan, wie der Barbar“, weiß sie. Hoffentlich sei das kein böses Omen, sagt sie, zieht ihren Pudel weg und geht mit einem „Ich habe ihn nicht gewählt“-Seufzer davon.
„Ich möchte mich bei meinen vierbeinigen Kindern bedanken“, sagte Milei nach dem Sieg bei den Vorwahlen vor seiner jubelnden Anhängerschaft. Passend zu seinen liberal-libertären Ansichten sind die vier benannt nach den neoliberalen und marktradikalen Ökonomen Milton Friedman, Murray Rothbard und Robert Lucas. „Ich behandle sie, als ob sie meine Familie wären. Was ist schon dabei, dass ich so viel Zuneigung für meine Hunde empfinde“, raunzte er, als er einmal zu heftig nach dem innigen Verhältnis zu seinen Hunden gefragt wurde.
Milei redet denn auch mit seinen Hunden. „Hör zu, Conan, die Situation ist kompliziert, entweder wir retten uns beide oder wir sterben beide. Ich werde dich nicht verlassen“, hatte Milei vor Jahren zu dem Mastiff gesagt. „Als Conan 2017 starb, kontaktierte uns Milei per E-Mail“, erzählte Ron Gillespie dem Buenos Aires Herald. Gillespie ist Eigentümer eines auf Klonen spezialisierten Instituts im US-Bundesstaat Massachusetts. „Wir gaben ihm Anweisungen, wie er die Zellen sammeln und sie uns per FedEx schicken sollte, wie er den Papierkram erledigen sollte, damit das Gewebe durch den Zoll kommt, und wie er es kühl halten sollte“, sagt Gillespie. Rund 50.000 Dollar habe Milei dafür bezahlt. Conans genetisches Material sei noch da, wenn Milei mehr Klone wolle, sei das überhaupt kein Problem.
Pinky tollt jetzt mit dem jungen Boxer aus der Parallelstraße herum. „Sein Hundefutter kostet schon ein Drittel mehr“, sagt das Boxer-Herrchen. Das komme davon, wenn man geklonte Neoliberale in die Präsidentenresidenz einziehen lässt, lacht er. Ja, er habe Milei gewählt und der habe ja auch gesagt, dass die hohe Inflation noch zwei Jahre andauern werde. Ob ich auch Milei gewählt hätte? Als Ausländer dürfe ich nicht wählen, antworte ich, während Pinky zum Weitergehen drängt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja